Anders sind offensichtliche Gegenmaßnahmen wie das Daddelgebot. Erst nach 3 Stunden Daddeln gibt es was zu essen.
Endlich mal eine ausgefuchste Idee!
Dabei hätte ich wetten können, dass mein Sohn schon den Fuchs in den Augen gespürt hat, als ich sagte: "Daddeln bis zum Stillstand der Augen, ich reglementiere das Ganze nicht mehr!"
Der erste Tag verlief gut, er war daddelfrei und auch besuchskinderneutral, und weil Stefan morgen erst zur dritten Stunde Unterricht hat, habe ich angeregt, ein Stündchen länger aufzubleiben und zu DADDELN. Er hätte meinetwegen auch die Vorlesesrunde an der Bettkante verdaddeln dürfen, aber das fand er unlukrativ.
Euer 3-Akt-Modell der Ich-Botschaft erkenne ich nicht als Lösung, das Problem scheint hier ein völlig anderes. Ihr könnt auch noch so viel vom "Reglementieren" schreiben, das kauft bei mir hier keiner mehr ab. Es ist eher so, dass ich "anders" bin (so kommt es mir vor) und dass alle Eltern im sozialen Umfeld "normal" sind. Sie reglementieren oder verbieten oder schaffen dann den Elektrokram gar nicht erst an. im Umkreis von viereinhalb Kilometern sind alle Eltern und Kinder eingeNORDET.
Damit mein Problem endlich einmal offensichtlich wird, zeige ich euch, wie es sich für mich in der Praxis zeigt. Macht einfach einen Textmarker an der Stelle, an der ihr nach dem Ich-Betroffenheitsmodell anders entschieden hättet und lasst mich bitte wissen, warum.
Stefan (10) am Telefon mit Basti: Basti, hast du Lust, rüberzukommen?
Basti: Hm, kommt drauf an, was wir machen.
Stefan: Wir könnten uns erstmal mit dem Roller an der Bunkerbude treffen.
Basti: Ah nö, keine Lust! Ich hab ehrlich gesagt auch schon anderes vor.
Stefan: Ich hab neue Spiele an der Wii.
Basti [neugierig]: Oh, was denn?
Stefan: FiFa-Kicker.
Basti: Eh cool. Suchste noch jemanden zum Spielen?
Stefan: Klar. Also treffen wir uns an der Bunkerbude?
Basti: Na klar. Warte, meine Mutter will noch mit deiner Mutter sprechen.
Stefan --> Hörer an mich weitereeich.
Christa: Im Grunde find ich das okay, wenn die Kinder sich verabreden, aber wie sieht denn eure Tagesplanung aus?
Elke (meineeine): Hm, ich habe noch keine Pläne.
Christa: Ursprünglich wollten wir mittags mit Basti eine Radtour machen, aber wenn er jetzt unbedingt zu euch will, ist das auch Recht. So kann ich in Ruhe mein Seminar für Montag vorbreiten.
Elke: Ja, schon gut.
Christa: Schön schön. Ich will nur nicht, dass die Kinder bei dem schönen Wetter ausschließlich in der Hütte hocken und spielen, Basti hat schon anderthalb Stunden heute Morgen am PC verbracht.
Elke Oh!
Christa: Ja, ich weiß, das ist nicht gut. Aber ihr seht das ja auch nicht so eng, das weiß ich. Daher eigentlich, wäre mir ganz lieb, wenn Basti bei euch sein Medien-Freiminutenkontiengent nicht überschreiten würde. Mach dir keine Sorgen, das weiß er selbst. Falls nicht, erinnere ihn daran, dass eine Stunde absolut die Obergrenze ist.
Elke: Mach ich.
Christa: Ich kann meinem Kind übrigens diesbezüglich vertrauen!
Elke: Ich nicht immer.
Christa: ja, die Diskussion hatten wir bereits. Was sind eigentlich eure Pläne für den Nachmittag?
Elke: Bis jetzt nichts.
Christa: Okay, ich rufe dich an, am Abend, und ich sage dir, wann ich Basti abhole, beziehungsweisen er hat ja 'nen Schlüssel, wenn es ihm bei euch zu viel wird.
25 Minuten später:
Cool. Alter, das ist hammerhart.
-- Was gib mal her, ich hab noch anderes
Äh, total abgefahren. Lass mal spielen! Eh!
-- [rüpel] Äh Mann, geil, äh, gib mal, mach den Nunchak dran.
weitere 45 Minuten später:
Elke: Ich möchte, dass ihr noch rausgeht!
Stefan: Oh ne! ne, neh! -- jetzt doch nicht gleich -- oder?
weitere 45 Minuten später:
Elke: ??? [steht im Raum, sagt nichts]
Stefan (geflissentlich): eh, Basti, wir können auch was anderes machen, was meinst du?
Basti: Sollen wir Siedler spielen?
Stefan: na ja [lach] --> Tschüssi Elke!
weitere 15 Minuten später
Elke: es gibt Essen!
Stefan: Mann, du nervst, ich hab überhaupt keinen Hunger.
Basti: ich auch nicht.
Stefan. Scheiß essen.
Beide: hihi.
während des Essens:
bamm bamm bamm öörrgghh tschüss hähnchenschnitzel.
-- wwüüiiirgghhh jöööhh aus der kuve geflogen. WUSCHSCHSCH PÄNNG
Abgeschossen.
-- Cool.
äh, was ist dass'n für'ne scheiß Kartoffel, schmeckt überhaupt total abgeschissen.
-- Hihi. hihihi
Na, vielen dank für diese Vergiftung (an meineeine) hihi, hihihi, Elke, komm Basti, wir gehen.
Elke: HALT!
Wassen?
Elke: Es ist Schluss mit Daddeln.
-- Was, wir haben doch erst 10 Minuten --
Elke: Zehn Minuten? Nein, das waren fast drei Stunden!
Stefan: Oh mann, oh mann, das stimmt doch gar nicht. [resigniert] Mensch Elke, jetzt wirkste voll fies, gemein, jetzt guck mich nicht so an. Dass man mit dir über alles reden kann, stimmt so gar nicht. Komm, die dummen Sprüche, die du sagen willst. Okay, okay, welche Bedingungen müssen wir jetzt erfüllen, sollen wir wieder rausgehen, falls ja, was genau erfüllen? Eh, wir waren mit den Rollern schon den halben Vormittag unterwegs!
NEIN!
Stefan: Nein? Nein [guckt mich an, seinen Kumpel an, Schulterzucken] Ahh. Ja, abba wenn du nicht mal willst, dass wir rausgehen, dann können wir doch hierbleiben und daddeln?
Und so weiter, und so fort. Schreibt diese Drehbuch zuende, mir fehlt die Kraft und ich schwöre, es geht hier seit langen Tagen so, tagaus tagein. ich liebe mein Kind, ich kann es verstehen, es sollen auch um Gottes Willen weiterhin andere Kinder hier ein und ausgehen, aber ich komme mit dem ganzen PIPAPO nicht mehr zurecht.
Vielleicht ändert sich jetzt alles, ich vertraue meinem Kind und lass die Zügel locker.
LG, wallenstein