Keilwerth
Keilwerth-Saxophone gehören zu den besten derzeit auf dem Markt befindlichen Saxophonen. Neben Selmer, Yanagisawa und Yamaha bilden sie die Big4. Während die beiden letzteren auf eine nicht so weit zurückreichende Geschichte in der Saxophonherstellung zurückblicken können, feierte Keilwerth im Jahre 2000 sein bereits 75-jähriges Firmenjubiläum. Oder doch nicht? Schauen wir mal was die Zeit so brachte und noch bringen wird.
Es kursieren immer wieder Gerüchte, die Weltklang, Luxor, Kohlert und Keilwerth in Verbindung bringen. Oft erreichen mich Mails, in denen ich gefragt werde, welche Saxophone Keilwerth nun für vorgenannte Hersteller gebaut hat. Ich habe hierzu eine Mail von Gaby Kerrmann von der Firma Keilwerth erhalten, die mir auch bei der Erstellung dieser Seite mit Informationen unter die Arme griff, die ein für alle Mal die Gerüchte beseitigen sollte.
Mail dazu von Frau Kerrmann (Fa. Keilwerth):
Kohlerthatte nichts mit Keilwerth zu tun. Kohlert war auch in Graslitz ansässig, die Firma wurde um 1900 gegründet und zog 1945 nach Winnenden bei Stuttgart. Die Produktion wurde gegen 1970 eingestellt.Weltklang - LuxorDie Weltklang Saxophone wurden nicht von Keilwerth gebaut, sondern von der Fa. VEB [Blechblas- und Signalinstrumente, d.L.] für den Großhändler Luxor. VEB war in Klingenthal im Vogtland ansässig. Die Weltklang Saxophone waren Student-Modelle.Julius Keilwerth fertigte auch Saxophone für Luxor, sie wurden unter dem Namen Van Hall vertrieben und waren semi-professionelle Instrumente. Wenn Keilwerth für Großhändler Sondermodelle gefertigt hat, dann waren es immer die eigenen Original Saxophone nur unter anderer Modellbezeichnung. Luxor war keine Tochtergesellschaft von Keilwerth, sondern wie bereits erwähnt ein Hersteller.Grüße
Gaby Kerrmann
Weiterhin gibt es den weitverbreiteten Irrtum Vosssaxophone seien alle Keilwerthstencils. Auch hier habe ich nachgefragt ob Keilwerth Voss Saxophone gebaut hat und wie die enormen Qualitätsunterschiede zustande kommen, die Voss Saxophone aufweisen. Ich habe von Herrn Gerhard Keilwerth folgende Antwort erhalten
Mail dazu von Herrn Gerhard Keilwerth:
Hallo Herr Hochheim,
in den 50er Jahren wurden nur einige Voss Saxophone von Julius Keilwerth gebaut.
Sie waren der Fa. Voss zu teuer von Julius Keilwerth, deshalb wechselten sie zu der
Fa. Dörfler&Jörka. Später kauften sie Ihre Voss Saxophone in der DDR.
1920 - 1938
Seit 1920 arbeitete Julius Keilwerth in Heimarbeit für die Firma Oscar Adler. Oscar Adler stellte 1901 das erste deutsche Saxophon her.
Bereits im Jahre 1925 gründete Julius Keilwerth die gleichnamige Firma in Kraslice in der damaligen Tschechoslowakei. Bis 1918 hieß Kraslice noch Graslitz und gehörte zum österreichisch/ungarischen Teil Böhmens. Mit der Gründung der Tschechoslowakei 1918 wurde Graslitz zu Kraslice.
Die Keilwerth-Saxophone waren schnell bekannt für ihre gute Qualität und die Nachfrage stieg an. Bereits 1930 zog die Firma Julius Keilwerth in die neu errichteten Firmengebäude um. Schon 10 Jahre nach Gründung gehörte Keilwerth zu den bekanntesten Saxophonherstellern.
Die Nachfrage nach Keilwerth-Saxophonen stieg weiter an und die Firma wuchs. Auf Drängen Hitlers wurden 1938 die deutschbesiedelten Gebiete Böhmens im Rahmen des "Münchener Abkommens" an das Deutsche Reich zurückgegeben. Kraslice wurde wieder Graslitz. Keilwerth wuchs weiter und weiter.
1938 - 1945
Nachdem Graslitz wieder deutsch wurde, entwickelte sich Keilwerth schnell weiter. Nach bereits kurzer Zeit war Keilwerth der größte deutsche Hersteller von Saxophonen mit 150 Mitarbeitern. Bis 1945 änderte sich dies nicht. Der 2. Weltkrieg jedoch hatte auch seine Auswirkungen auf die Firma Keilwerth. Mit Ende des Krieges wurde Graslitz wieder tschechisch und hieß wieder Kraslice.
Wie alle anderen Firmen wurde Keilwerth enteignet. Die Produktionsstätten gingen in das Firmenkombinat Amati (heute Denak-Amati) über. Amati übernahm sämtliche Maschinen und Fertigungsanlagen und produzierte die bis dahin durch Keilwerth produzierten Saxophone weiter. Auch Namen und Gravuren wurden unverändert weiterverwendet.
1945 - 1962
Keilwerth avancierte innerhalb kürzester Zeit wieder zu dem, was es mal war: zu einem der gefragtesten Hersteller von Saxophonen. Die Firma wuchs und produzierte Saxophone im großen Stil.
1962 - 1989
1962 starb Julius Keilwerth. Sein Sohn Josef Keilwerth übernahm die Leitung des Unternehmens und führte es mit großem Erfolg weiter. Keilwerth war nun weltbekannt für seine Saxophone. So begann Keilwerth für Selmer USA das Modell Bundy herzustellen. Hierbei handelte es sich um das von Keilwerth unter dem Namen New King vertriebene Modell. 1964 kamen die Modelle Superba I und Superba II sowie das Royalist für H. Couf hinzu. Das Royalist war dabei baugleich mit dem The New King, das Superba I mit dem Toneking Spezial und das Superba II mit dem Toneking. Keilwerth blühte auf und wuchs weiter.
1970 stellte Keilwerth den Bau anderer Instrumente vollendst ein und stellte von nun an nur noch Saxophone her. In den 70er und 80er Jahren produzierte Keilwerth nun auch Saxophone für Amstrong und Conn. Für Amstrong baute Keilwerth die Heritage (Toneking) und Amstrong (The New King) Modellreihen, für Conn die Profiserie 90M (Toneking) bis 100M (Toneking Spezial).
Doch auch an Keilwerth ging der weltweite Rückgang der Nachfrage, die aufkommenden "Billigmodelle" aus dem asiatischen Raum und die immer beliebter werdenden Selmer Saxophone, nicht spurlos vorüber. Die Absatzzahlen gingen zurück, 1989 ging Keilwerth in die Firmengruppe Boosey & Hawks über und wurde später in die W. Schreiber & Söhne GmbH integriert. Dies brachte den lang ersehnten Aufschwung mit der weltumspannenden Vertriebsorganisation von Boosey & Hawks. Die Saxophone wurden wegen der berühmt gewordenen Fertigungsqualität weiterhin unter dem Namen Keilwerth vertrieben.
1989 - 2003
Keilwerth konnte sich verlorene Marktanteile aufgrund der Eingliederung in die Firmengruppe Boosey & Hawks zurückerobern und ausbauen. Keilwerth-Saxophone waren nun weltweit gefragt. 2003 wurde aus der Boosey & Hawks das Unternehmen The Music Group, zu dem auch Buffet Crampon, ein weiterer sehr bekannter Hersteller von Saxophonen, gehört.
Seit 1989 ist Keilwerth somit kein eigenständiges Unternehmen mehr. Dennoch wurde der Markenname Keilwerth zu keiner Zeit aufgegeben. Die Saxophone wurden weiterhin unter dem Namen Keilwerth produziert und vertrieben. Ob trotz des Verlustes der Eigenständigkeit Keilwerth im Jahre 2000 auf ein 75-jähriges Firmenjubiläum zurückblicken kann, weiß ich nicht - und das ist letztendlich auch egal.
Unbestritten ist, dass Keilwerth qualitativ höchstwertige Saxophone hergestellt hat und unter diesem Namen immer noch unbestritten qualitativ höchstwertige Saxophone hergestellt werden. Während andere Hersteller verschwanden (Oscar Adler, Kohlert, Hohner etc. in Deutschland und Martin, Buescher etc. in den USA) oder qualitativ enorm absackten (Conn, Amati), hat Keilwerth sich trotz der Krisen behaupten können.
2003 - 2010
2006/07 verlegte Keilwerth die Produktion unter scharfen Protesten der Belegschaft nach Markneukirchen. Die Verwaltung verblieb in Nauheim.
Im Februar 2007 eröffnete der Enkel von Julius Keilwerth, Gerhard Julius Keilweth, eine kleine Werkstatt auf dem Gelände auf dem die Firma Julius Keilwerth einst in Nauheim begann. Neben seiner Tätigkeit als Berater der Firma Schreiber & Keilwerth repariert und verkauft er hier Saxophone.
Seit 2009 ist Gerhardt Julius Keilwerth nicht mehr für Schreiber & Keilwerth tätig.
2010 -
Anfang 2010 wurde bekannt, das die Investoregruppe Rutland Partners, zu der The Music Group mittlerweile gehört, Schreiber & Keilwerth als letztes verbleibendes Unternehmen aus The Music Group verkaufen möchte. Am 15.03.2010 meldet Schreiber & Keilwerth Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter sieht jedoch gute Chancen das Unternehmen zu retten und sucht einen Käufer.
Die französische Firma Buffet Crampon übernimmt Schreiber & Keilwerth. Die Zusammenarbeit mit Amati im nahegelegenen Kraslice werden aufgekündigt und mehr als die Hälfte der Mitarbeiter werden entlassen. Schwierigkeiten mit der Abwicklung aus Frankreich veranlassen Buiffet & Crampon Frankreich eine Buffet & Crampon Deutschland mit Sitz in Markneukirchen zu gründen.
Am 24.02.2012 verstirbt Gerhard Julius Keilwerth in Nauheim.
2015 Nachdem die Buffet Group Keilwerth übernommen hat wird es still um Keilwerth. Dennoch wird das MKX auf den Markt gebracht. Was wird aus der Tradiontsmarke und dem Premiumhersteller Keilwerth? Warten wir es ab.
(Die Bilder auf dieser Seite stammen mit freundlicher Genehmigung von der Firma Keilwerth und sind der Webseite www.keilwerth.com entnommen.)
Weitere Infos:
Keilwerth Saxophongalerie
Amati Saxophongalerie
Die Geschichte des Saxophon in Deutschland
Markneukirchen
Zuletzt aktualisiert am Sonntag, 01. November 2015 12:33