Mark VI ist ein kompliziertes Thema fuer Anfaenger. Das Problem ist, dass eigentlich niemand fuer einen Anfaenger entscheiden kann (auch nicht der Anfaenger selber), ob ein Mark VI auch in 5 Jahren noch das richtige fuer ihn ist. Selbstbewusste Saxophonisten mit Erfahrung koennen eigentlich nur dem eigenen Urteilsvermoegen vertrauen.
Es gibt einige Mark VI, die von fast jedem Profis als ausserordentlich gut befunden werden wuerde, aber woher soll man das als Anfaenger wissen? Als Profi kann man das eher entscheiden. Aber normalerweise gibt es Saxophone, die super fuer den einen, aber nicht so spitze fuer den anderen sind. Gute Hoerner sind es eigentlich alle Mark VI und es laesst sich noch einiges mit dem Setup veraendern. Es ist bestimmt so, dass das Metall fuer die Mark VI sich ueber die Zeit veraendert hat. Ich denke, die frueheren sind aus einem weicheren Material. Daher ist der Klang der frueheren Mark VI meist waermer und voller (aus meiner Erfahrung).
Fazit: wenn man als Anfaenger ein Mark VI kauft, sollte man daran denken, dass man in ein paar Jahren doch vielleicht gerne ein anderes Saxophon haben moechte. Vor allem wird man als Anfaenger gar keine so grossen Unterschiede zwischen Mark VI und modernen Instrumenten erkennen. Insofern ist es finanziell gesehen das beste, wenn man ein Sax mit einer "guten" Seriennummer zu einem nicht zu allzuteuren Preis kauft, und zwar egal wie es aussieht ("wie neue" Saxophone sind meist teurer...), damit man es leicht wieder verkaufen kann nachdem man noch etwas passenderes gefunden hat. Das kann der Anfaenger natuerlich selber machen, aber auch da ist ne Menge Geld im Spiel und man sollte vor dem Kauf am besten einen Profi das Saxophon auschecken lassen (oder die Wahl ganz in die Hand des Profis legen, wenn es mehrere zur Auswahl gibt). Bei "wie neu" aussehenden Saxophonen kann man Glueck haben, aber man muss aufpassen. (Und man fragt sich natuerlich, ob es nicht so viel gespielt wurde, weil es dem Besitzer nicht gefallen hat.) Ich persoenlich finde es schoener, wenn Mark VI benutzt aussehen.
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Aber es geht ja hier eigentlich um den
Preis eines Mark VI. Es ist ein Fakt, dass er staendig steigt. Und stagnieren tat er bisher auch nicht, obwohl staendig Leute sagen, dass das ja nicht ewig so weitergehen kann. Innerhalb der letzten fuenf Jahr hat sich der Preis etwa verdoppelt.
Fuer Mark VI Tenoer: Preise zwischen 3500 und 5500 Euro fuer private Verkaeufe scheinen zur Zeit normal zu sein. Bei Haendlern geht's ab 4000 Euro los und es geht bis 6500 Euro. Utopische Preise. Natuerlich gibt's dadrueber und drunter auch noch Angebote...
Ich denke ein 120K Mark VI Tenor fuer 4000-4500 Euro (privat) ist zur Zeit ziemlich normal. Ein fuenfstelliges kann man privat vielleicht fuer 4500-5500 Euro erhalten. Ein 160K und drueber kann man schon fuer 3500 Euro erhalten, oder sogar noch guenstiger wenn man Glueck hat. Das alles, wenn es in einem gut spielbaren Zustand ist.
(Aehnliches gilt fuer Altsaxophone, wobei die Altos insgesamt eigentlich immer guenstiger sind. Sopran ist nicht so begehrt, und kann man fuer 2500 Euro bekommen. Baritoener sind teuer. Zwischen 4000 Euro und 8000 Euro ist alles drin, je nach Seriennummer. Tief A sind um einiges teurer.)
Weitere Richtlinien:
- Begehrt und dadurch auch meist teurer sind die Selmer Mark VI, die fuer den amerikanischen Markt gedacht waren. Die haben meist einen (finde ich) huebscheren (dunkleren) Goldlack. Man kann sie meist auch an der Gravierung erkennen (wenn es eine gibt).
- Meist gilt: je kleiner die Seriennummer, desto teurer ist das Saxophon. Aber es schwoeren sehr viele auf die 80K Nummern. Ich glaube unter anderem, weil Michael Brecker hauptsaechlich auf einem solchen spielt (obwohl er wohl noch viele andere Mark VI besizt). Dadurch sind die 80K Tenoere mit die teuersten.
- Je schoener der Lack, desto teurer sind die Saxophone. Ernsthafte Saxophonisten sind bei "schoenen" Mark VI aber eher skeptisch und moegen die vielgespielten lieber.
- Die versilberten sind glaube ich nicht so begehrt. Dadurch kann der Preis niedriger sein.
- Wenn Saxophone ueberlackiert wurden kannst Du gleich 500-1000 Euro abziehen, je nachdem wie gut es gemacht wurde.
- Entlackte Saxophone sind auch meist guenstiger, aber viele Saxophonisten stoeren sich da nicht dran. Im Gegenteil, ich fuer meinen Teil finde ein entlacktes Saxophon viel huebscher! (Abgesehen davon meinen viele (z.B. Gebhard Ullmann), dass es dem Klang eher zutraeglich ist.)
- Saxophone ohne Originalhals sind auch um mindestens 500 Euro guenstiger. Gut fuer den ernsthaften Spieler und Kaeufer. Viele Profis probieren sowieso mit S-Boegen rum. Aber schlecht zum Wiederverkaufen. Daher sollte man auf jeden Fall ueberpruefen, ob der Hals original ist: Bei den Hoernern fuer den amerikanischen Markt sind die Nummer bis 120K oder 130K oder 140K (weiss nicht mehr genau) ganz offensichtlich eingestanzt. Bei den anderen nicht. Dann und bei Saxophonen fuer den europaeischen Markt muss man sich aufs Auge verlassen. Ist der Lack der gleiche? Und auf er Unterseite der Oktavklappe sind haeufig die letzten drei Ziffern der Seriennummer per Hand eingeritzt. Das beruhigt einen dann doch, wenn die Nummern stimmen.
- Natuerlich macht der Spielzustand des Horns auch etwas aus: Polster, Mechanik, Deckt alles, Teil- oder Generalueberholung noetig? Da kann man eventuell 400-800 Euro noch abziehen. Im Laden hat man manchmal den Vorteil eines generalueberholten Saxophons. Aber fuer den meisten Saxophonisten ist es lieber, wenn sie sich ihr Setup selber aussuchen koennen.
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Vielleicht interessiert den ein oder anderen, wie ich an mein Mark VI gekommen bin:
Mein ehemaliger Lehrer Gebhard Ullmann aus Berlin war schon immer ein musikalisches Vorbild fuer mich. Er hatte mir mal waehrend einer Unterrichtsstunde gesagt: Kauf Dir irgendein Mark VI, welches eine Seriennummer unter 120K oder 130K hat, lass es herrichten und es wird ein sehr gutes Horn sein. Gebhard hatte sehr genaue Vorstellungen vom Herrichten: bei den "Holzblaesern" in Berlin ueberholen lassen und dabei Lack ab und Metallresonatoren rein. Er meinte zu mir, dass selbst die "schlechten" Selmer Mark VI mindestens so gut waeren wie neue Profiinstrumente, und dass die Kosten inklusive Generalueberholung weniger sind als der Preis eines neuen Profiinstrumentes. So war das jedenfalls zu der Zeit, und es machte zu der Zeit also Sinn, ein Mark VI zu kaufen.
Das hatte ich getan, und ich war 5 Jahre lang extrem zufrieden damit, hatte es auch mit dem "Saxophone Cartel" auf unserer ersten CD gespielt. Dann spielte ich einmal das Mark VI eines anderen Saxophonisten. Ich fuehlte mich wesentlich wohler auf dem anderen Sax. Es klang viel voller und waermer. Dann ging meine Suche von vorne los, aber natuerlich mit dem Vorteil von viel Erfahrung. Ich habe ein halbes Jahr spaeter ein Sax gefunden, was sich wesentlich besser spielte (obwohl es schlechter deckte und die letzte Generalueberholung mehr als 10 Jahre zuruecklag) und das mir klanglich wesentlich besser gefallen hat. Ich kaufte mir das Sax (68K), und verkaufte mein erstes Mark VI (129K). Da hatte ich 500 Euro draufgezahlt, aber das war's mir wert. Aber das heisst nicht, dass ich mir nicht irgendwann wieder ein neues kaufen werde. Der Kaeufer meines 129K Mark VI war aber hin und futsch von eben jenem Saxophon. Er meinte, das waere besser als alles, was er bei Axel Henning in Duesseldorf ausprobiert hatte (obwohl die alle zwischen 4500 und 6500 Euro kosten). Mein 69K Sax fand er zwar auch gut, meinte aber es, sei klanglich naeher an seinem Super Balanced Action dran, und das er ein zweites Sax mit einem moderneren Klang haben wollte. Profis haben halt ganz genaue Vorstellungen und vertrauen sich selbst am ehesten. Spaeter hatte ich die Gelegenheit, selber ein halbes Dutzend Mark VI bei Axel Henning auszuprobieren. Eins davon hat mir extrem gut gefallen (fand ich viel besser als mein 129K Sax), leider hatte ich mein 69K nicht zum Vergleich da.
Ueber die letzten 7 Jahre hatte ich ne Menge Mark VI hier und da ausprobiert. Bisher hatte ich noch keins gesehen, was schlecht war, aber sicherlich gab's da ein paar, die mich einfach umgehauen haben.
Ich hoffe, das hilft dem ein oder anderen weiter.
Viele Gruesse,
Benjamin