Ach Slowjoe und Naranjo,
dass es gute und schlechte 6er gibt, wird eigentlich nur von Leuten angezweifelt, die eben NICHT genug Erfahrung mit der Materie haben. Wenn ich mit Profis rede, die ein VI spielen oder auch nicht, seit Jahrzehnten Musik machen, dann ist es aus der persönlichen Erfahrung völlig klar, das es gute und schlechte VI gibt. Das wird als gegebene Tatsache gesehen, muss nicht etwa extra diskutiert werden, sondern ergibt sich einfach aus dem alltäglichen Umgang mit den Instrumenten. Wieviele habt Ihr denn schon gespielt, wenn ich fragen darf?
Um das noch mal etwas präziser darzustellen: Ein „schlechtes“ Mark VI ist nicht etwa ein Instrument, was nicht richtig funktioniert, spielt oder intoniert. Sondern diese Instrumente tun brav Ihren Dienst, etwa auf dem Niveau eines heutigen Profi-Instruments, etwa eines Top-Line Yanagisawas. Diese VI intonieren gut und spielen vernünftig. Wirken aber zugleich auch leblos und etwas „tot“, der Ton funkelt nicht, hat zu wenig Herz und Farbe. Der Klang wirkt im direkten Vergleich matt und leblos. Trotzdem könnte jemand sein Leben lang mit solch einem VI spielen, und wäre eben auch mangels Vergleich zufrieden.
Ein gutes VI dagegen bläst dich einfach weg. Der Ton ist groß, sehr groß!! Das Horn ist laut und wirkt offen mit sehr wenig Blaswiderstand. Der Ton hat dennoch viel Herz und lässt sich beliebig akzentuieren und abschattieren. So ein Horn hat eine unwahrscheinliche Power und braucht sich vor keinem, KEINEM Amerikaner zu verstecken. Der Ton ist unwahrscheinlich!!!
Wenn man viele gespielt und das nötige Feeling für die Materie aufbringt, kristallisieren sich die Unterschiede mit der Zeit heraus. Ich hatte bis jetzt 17 Mark VI, davon 10x Tenor. Angespielt bei Bekannten, Freunden oder im Handel geschätzt weitere 50-60 Stück. Meine Erfahrungen sind natürlich auch nur begrenzt. In Amerika gibt es Leute, die haben während Ihres Lebens Hunderte in Händen gehabt, z.B. als Shop-Inhaber oder Reparateure. Deren Erfahrung ist ungleich größer.
Und: Es liegt nicht nur am Setup. Nicht nur. Ich hatte Teile, die „gingen“ einfach nicht, und ich habe Sie weggebracht, um Sie so einzustellen, dass es passt, und zwar bei der gleichen Adresse, wo ich Sie immer hingebe. Nichts. Manche taugen nix. Manche gehen. Manche sind gut. Ich schätze, Eins oder Zwei von Zehn. Nochmal: Das heißt nicht, dass man mit dem Rest nicht spielen kann.
Das Beste, was ich je gespielt habe, war ein 126k. Unglaubliches Horn. Habe damals 10000Mark dafür geboten, war zu jener Zeit ein utopischer Preis für ein VI. Nichts. Der Mensch war an einem Silversonic interessiert… Habe Ihm dann ein feines 376k zum Tausch angeboten. Nichts.
Und die Nummernhysterie kann man auch vergessen. Habe selber mal daran geglaubt. Hatte 5-digit Hörner gespielt, die haben nix getaugt und späte, die waren sehr gut. Glaubte zum Beispiel lange, zwischen 160 und 200k gäbe es nicht viel Licht, habe dann mein 164k gefunden und siehe da, ein sehr solides Horn! Nicht das Beste, aber ein sehr Gutes. Also alles Quatsch. Selber ausprobieren, hören, spielen, ausprobieren. Immer wieder. Dann wird schon irgendwann klar, was Ambach ist.
Was ich hier schreibe, ist natürlich nicht populär. Denn der Mythos Mark VI sorgt für pralle Taschen. Ein VIer ist praktisch der einzige Selbstgänger auf dem Markt und verkauft sich von alleine. Was aber z.B. im Netz auftaucht, ist nicht immer erste Sahne. Wobei es immer wieder Schnäppchen und Glücksfälle gibt. Logisch. Würde aber ein Selmer Mark VI vor dem Kauf unbedingt antesten wollen und mir selbst ein Bild von dem Instrument machen. Keine Fernkäufe, was bei den Amis schon mal geht, weil man eher weiß, was einen erwartet.
So, mein Senf, und jetzt glaubt doch, was Ihr wollt…
@HansZZ: Wieso hast du eigentlich nicht das SA 80 gekauft?