Moin Hans,
da hast du wahr. Ich gehe davon aus, dass wir uns in dieser Diskussion innerhalb dieser Grenzen bewegen.
@Alle
Weil es hier in den letzten Tagen sehr durcheinander ging, will ich noch einmal ein paar allgemein anerkannte Gesetzmäßigkeiten festhalten. Ich versuche, die Sachen ausführlich und trotzdem in aller Kürze darzustellen, damit auch Neueinsteiger in den Thread (geht das überhaupt? Hehe) die Chance haben, hier mitzudenken.
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In einem einseitig geschlossenen zylindrischen Rohr entsteht durch entsprechende Erregung eine Resonanz (eine stehende Welle). Diese Resonanz läst die Umgebungsluft hin und her schwingen. Es kommt also keine Luft aus dem Rohr heraus, sondern lediglich periodische Luftdruckänderungen.
Am geschlossenen Ende können sich die dort befindlichen Luftmoleküle nicht bewegen, weil sie durch Wand fixiert sind. Diese Teilchen erleiden stoisch und ohne zu klagen abwechselnd Druck und Unterdruck.
Am offenen Ende dagegen ist die Bewegungsfreiheit am größten. Hier schwingen die Teilchen in der Rohrachse hin und her. Hier herrschen weder Druck noch Unterdruck, dafür ein reges Treiben. Diese Teilchen geben ihre Bewegung an die umgebenden Moleküle ab und die Welle wandert weiter bis in unser Ohr.
Ist also wie beim Menschen: entweder man ist locker drauf oder man hat Druck. Oder eben dazwischen: eine wenig Druck und ein wenig Bewegungsfreiheit.
Schallwechseldruck heißt es in der wissenschaftlichen Sprache und dieser Wert fasst den Über- und Unterdruck als positiven Betrag zusammen. Wenn wir hier von Druckbäuchen reden, hat dieser Betrag den größten Wert. Genau genommen tritt hier also nicht nur der größte Druck, sondern auch der größte Unterdruck auf. Korrekter Weise müsste man jeweils vom Wechseldruckbauch sprechen.
Das Gegenteil vom Wechseldruckbauch nennt man Knoten. Am offenen Ende des Rohres, da wo die Schallschnelle am größten ist, befindet sich also ein Wechseldruckknoten.
Im zylindrischen Rohr nimmt der Schallwechseldruck vom geschlossenen Ende hin zum offenen ständig ab, während die Bewegungsfreiheit ständig zunimmt. Die Moleküle werden zunehmend unruhiger. So kommt es, dass man auf verschiedenen Publikationen verschiedene Kurven sieht. Mal ist die Schallschnelle aufgezeichnet und mal der Wechseldruckverlauf. Muss man immer auseinander halten, leicht verwirrend das.
Nehmen wir ein Zylinderrohr an, welches folgende Eigenschaften hat:
links
............................................rechts
geschlossenes Ende
..............offenes Ende
Wechseldruckbauch
...............Wechseldruckknoten
geringste Schallschnelle
.......größte Schallschnelle
Jetzt zeige ich vier Zustände auf, wie sie in diesem resonierenden Rohr auftreten können:
1. Überdruck
.............................kein Ausschlag
2. kein Druck
............................Ausschlag nach rechts
3. Unterdruck
............................kein Ausschlag
4. kein Druck
............................Ausschlag nach links
Der Überdruck bei 1 kommt am offenen Ende bei 2 an, der Unterdruck bei 3 zieht die Teilchen bei 4 zurück ins Rohr.
Erst zusammen ergibt das einen kompletten Zyklus. Hier wird klar, warum ein gedacktes (einseitig geschlossenes) Zylinderrohr jeweils ein Viertel der gesamten Welle in sich fasst. Erst nach dem Durchlauf dieser 4 Zustände ist eine ganze Welle komplett an die Außenluft abgegeben worden.
Die Länge des Rohres also entscheidet darüber, wie lang die Welle ausfällt, will heißen, welche Frequenz der resonierende Ton hat. Die Länge wirkt sich aber
nicht auf das Überlasverhalten aus. Eine lange Klarinette überbläst genau so in die Duodezime wie eine kurze (@Hans). Warum sie das tut, erkläre ich hier nicht, das würde zu lang.
Nun hat man fest gestellt, dass ein etwas konisches, aufgeweitetes Rohr höher klingt als ein gleich langes zylindrisches. Die Wellenlänge, die das Rohr produziert, ist also kürzer. Das Prinzip des 4-phasigen Zyklus von oben hat aber (so der Konsens hier), weiter bestand. Und da liegt die Crux.
Höherer Ton bei gleicher Länge muss eine Ursache haben. Hier gibt es zwei Alternativen:
1. Die Welle rast in kürzerer Zeit durch das Rohr. (so sehe ich das in dem Film vom doktorj)
2. Das effektiv schwingende Rohr ist in irgend einer Art verkürzt. (so wie es meine letzte Zeichnung andeutet)
Beide Punkte sind strittig.
Wir haben weiterhin festgestellt, das auch der 1. überblasene Ton mit einer Aufweitung des Rohres steigt. Er tut dies aber nicht in dem Maße, wie der Grundton steigt. Das führt dazu, dass ab einem (noch nicht) bestimmten Punkt das Rohr in die Oktave überbläst. Dieser Punkt ist alleine durch das Verhältnis des Durchmessers von einem zu anderem Ende des Rohres bestimmt. Ist das Rohr am geschlossenen Ende z.B. 1 cm und am offenen 4 cm groß, so überbläst das Rohr nach unseren Erfahrungen in die Oktave, egal wie lang es ist.
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Soweit eine Zusammenfassung der wohl allgemein anerkannten Erkenntnisse sowie der Erklärungsmodelle. Sollte es bis hierhin Unstimmigkeiten geben, so bitte ich euch, es sachlich und cool, ohne Druck im Bauch und in entspannter Toleranz vorzutragen. Es würde mich freuen, wenn wir uns auf grundlegende Erkenntnisse einigen könnten und nicht immer wieder von vorne anfangen müssten.
Holldrio, pü