Laßt mich doch mal ein bischen Nestbeschmutzer spielen. Bitte!!!
Ich bin immer wieder fasziniert von den Mechaniken der alten Saxophone. Keine gleicht so richtig der anderen. Einer hat den Hebel hier, der andere mischt Klappeauf- und Zugänge so, dann wiederum findet man 2 oder 3 Oktavklappen und wenn man hier drückt geht da eine Klappe auf und ganz woanders eine zu. Toll. Und das alles funktioniert zum Teil mit gegeneinander wirkenden Federn und vom Kraftaufwand sind fast alle Klappen gleich. Wahnsinn.
Dann wollte ich vorhin mal die Behauptung bestätigen, so ein altes Conn ist in der Intonation viel schlechter als ein moderneres. Also Tuner aufgestellt, auf tief G gestimmt und was war? Bis zu den Palmkeys nur Abweichungen bis max 10ct und immer in die gleiche Richtung. So ähnlich sah mein NewKing Alto (bj64) auch aus, und mein Buffet Crampon (Bj 63) auch. Dann aber Keilwerth Toneking (Bj 72). Hier liege ich im Bereich +/-20ct und das wechselt auch schon mal von Ton zu Ton das Vorzeichen. Ist das Fortschritt oder schlechte Einstellung?? Und dann dieses Glaser am Wochenende (Bj 2006!!). Made in China und Intonation: entweder unten innerhalb +/-10 ct und in der oberen Oktave voll am #-Anschlag, oder umgekehrt. Und das ist eine Selmerkopie. Wie paßt das???
Naja, sind wir mal bösartig. Da hat doch ein Ingenieur einen Laserscanner genommen und ein altes Selmer, hat das Selmer gescanned und dann 1:1 in ein CAD übertragen. Das CAD wird dann mit entsprechenden Maschinen gekoppelt und die Formen für das "neue" Sax gefräst, Mikrometergenau (kein Scherz, diese Laserdinger können 1/1000mm). Darin wird dann irgend eine Industriemessinglegierung Marke Überallerhältlich in die Form eines Sax gepreßt, die CNC-gefräste Mechanik angelötet (diesmal von Hand, weil 100 Chinesen billiger sind als eine Maschine), überlackiert und fertig. Justiert wird nach Arbeitsanweisung. Warum sind dann Chinasaxe so teuer (ja richtig gelesen)? Naja, bei den günstigeren sitzt ein Vorarbeiter, der den Zusammenbau und die Lackierung prüft. Ist da ein Fehler geht das gute Teil zurück in den Schrott. Bei den etwas teureren prüft der Vorarbeiter noch, ob man auch einigermaßen die Töne rauskriegt. Das gibt etwas mehr Ausschuß.
Und was die Innovationen betrifft. Seid ehrlich, gab es in den letzten 30 Jahren bei den Saxen was wirklich Neues? Das Design der Mechanik wird zusammengeklaut von früheren Modellen und bestenfalls hinsichtlich Ergonomie etwas angepaßt. O.k. hoch Fis gabs früher nicht, tief A bei den Baris auch nicht.
Mikrotuner und andere Gimmiks von früher sind dem Rotstift zum Opfer gefallen, das Bördeln von Tonlöchern ann keiner mehr (oder Kunde nicht bezahlen) und daher lötet man lieber Ringe auf.
Liebe Leute, so ein Sax hat keine Seele mehr. Die Dinger klingen alle gleich (schlecht) und dem budgetorientierten Kuden reichtes so. Wer kann und über ein entsprechendes Gehör verfügt landet dann früher oder später doch wieder bei den Vintage-Saxen oder den Hand-made-Teilen.
JEs
P.S.: ist vielleicht etwas überspitzt, aber nur ein bischen, ehrlich