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THEMA: Musiker als Ware

Der individuelle Ton 05 Mai 2010 16:00 #90065

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pue schrieb:
Lester Young: sie haben ihm alles genommen und zu allererst seinen Sound.

Hallo pue,

da komm ich nicht ganz mit.

Sie haben ihn vielleicht kopiert, es verflacht und kommerzialisiert, und ihn nicht am Gewinn und nicht am Ruhm teilhaben lassen, aber ihm seinen Sound genommen ? Wie soll das gehen ?

Letztlich ist er an sich selbst gescheitert, an seiner Unfähigkeit sich dem Leben ohne die Droge zu stellen, wie auch Charlie Parker. Da gibt es mglw. viele Gründe dafür, auch gesellschaftlicher Art, aber es bleibt sein eigenes Unvermögen.

Es ist scheinbar so, dass dieses Schicksal viele "geniale" Musiker trifft, vielleicht aber auch tatsächlich nur so, dass man den normalen Unfähigen, der ähnlich endet einfach nicht beachtet.

Zum Beispiel Nora Jones; ich kenne sie nicht besonders gut, aber sicherlich ist es typisch für talentierte, plötzlich hoch gehandelte und kommerzialisierte Musiker. Plötzlich sollen sie Kunstwerke am Fließband erstellen, werden überall rumgereicht, und natürlich soll jede Aufnahme die letzte toppen, in Qualität und Verkaufserfolg.

Daran kann man schon mal künstlerisch scheitern, besonders wenn man noch jung ist. Aber die Interpretation, dass sie es nicht verkraften, dass sie zur Massenware geworden sind kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Wenn man künstlerisch absolut einzigartig bleiben will, muss man im stillen Kämmerlein bleiben, ist doch klar, ansonsten wird, wenns gefällt kopiert und abgekupfert. Wer sich dadurch seine ganz individuelle Persönlichkeit (die nicht kopiert werden kann) nehmen lässt, der hat tatsächlich ein Problem.

Gruß,
xcielo
Letzte Änderung: 05 Mai 2010 16:01 von xcielo.
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 16:33 #90069

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Hi,

vielleicht sehen aber auch nur wir das alles falsch: In Japan beispielsweise gilt es als eine höchste Form der Ehrerbietung, wenn man kopiert wird :unsure:

Und noch eine Anekdote: Willie Mabon hat mir einmal gesagt, dass der eigene Stil bei ihm die Fehler sind, die er beim Nachspielen seiner Vorbilder gemacht hat. :laugh: :laugh: :laugh:
next time you see me...
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 18:36 #90075

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hwp schrieb:
*Without individuality can the people take everything as if he had not been!
My sound is all the can not take me!*


Lester Young

War der da grad mal wieder zugedröhnt? :huh: Oder hast du das mit google ins Deutsche und zurück übersetzt?
Letzte Änderung: 05 Mai 2010 18:38 von astipasti.
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 18:44 #90076

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Moin!


Lester Young

Das der Preis dafür zu hoch war, ist eine Geschichte der Zeit, durch die Army gebrochen, denn das sind die ersten, die Individualität durch Gleichschaltung brechen!

Nachahmer zu finden und Einfluss zu haben kann aber auch als Ehre verstanden werden, wenn er selbst es auch bzgl. Lady Quinichette nicht so sah, oder beklagte das es wenig Originale unter den neueren Musikern gab!

Nach über 50zig Jahren wird `Prez ` immer noch genannt in der Jazzgeschichte, das ist ein Stück Unsterblichkeit, Musikgeschichte!

Leider nicht bei Lebzeiten, als das solche Bilder beschämend wirken !

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Noch in dieser Zeit, wurde er über seine Kinder für sein Werk geehrt!


ASCAP Jazz Wall of Fame
Pictured at ASCAP's Jazz Wall of Fame event (l-r) are Lester Young, Jr., Howard Jones, Lisa Cohn, Dr. Billy Taylor, Hank Jones, John Clayton, Yvette Young and ASCAP CEO John LoFrumento.

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Ohne Lester Young wäre ich nicht hier, und mache das was ich mache!

LG Hans

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Letzte Änderung: 05 Mai 2010 18:46 von hwp.
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 20:48 #90087

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Abgesehen davon, dass Menschen glücklicherweise (noch) keine Clonprodukte sind, sondern jeder einzelne einzigartig,
ist Individualität (nicht nur in der Musik) für mich nichts schlechtes, aber auch nicht unbedingt etwas, was man anstreben oder gar erzwingen soll. Sie ergibt sich ohnehin von selbst, wenn man seinen Weg geht. Und das ist gut so.

Andererseits ist im Leben aber auch Anpassungsfähigkeit gefragt, wenn man etwas mit anderen gemeinsam macht. Im Ensemble z. B. ist es – wenn man nicht gerade soliert – besser, seinen Part exakt, aber unauffällig – nämlich ensembledienlich – zu spielen. Individualität offensiv zur Schau gestellt, kann daher in so mancher Situation auch deplaziert sein.
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 21:23 #90091

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bluemike schrub:
Hi,
Man müsste einem Saxophonanfänger diese Individualität erst mal nehmen. Das tun sie aber nur den großen.

diesen Satz verstehe ich nur mäßig. Wie soll man das tun?
...

Es ging mir um Sätze wie: 'wie finde ich meinen eigenen Stil?'. Ich sage, man hat ihn von Anfang an und keiner nimmt ihn weg. Sucht einer nach seinem Stil, dann müsste ihm vorher einer diesen weggenommen haben.

xcielo schrub:
Sie haben ihn vielleicht kopiert, es verflacht und kommerzialisiert, und ihn nicht am Gewinn und nicht am Ruhm teilhaben lassen, aber ihm seinen Sound genommen ?

Der Wert eines Dinges hängt mit seiner Seltenheit zusammen. Gibt es viel von einer Sache, so sinkt ihr Wert. Auch das Original leidet unter zahlreichen Kopien. Es mag berühmt werden, nur haben wir Menschen kein Sinnesorgan, dass uns Freude schenkt, wenn wir berühmt sind. Die Anerkennung der ersten Erfolge schenkt einem Selbstvertrauen, ok, aber das hält nun nicht ständig an. Als Star wirst du in der Öffentlichkeit umjubelt, aber auch dafür gibt es keine Sensoren, die das in Glücksendorphine umwandeln kann. Im Gegenteil, der Rummel geht einem bald auf die Nerven. Nur eine Steigerung des Bekanntheitsgrades könnte weitere Befriedigung bringen. Die Berühmtheit stagniert aber all zu schnell, es kommen künstlerische Einbrüche und die Gefahr des tiefen Falls wird immer größer.

Das sind die Gefühle der Ware. Denn der Musiker selbst ist die Ware, von der er nach Feierabend keinen Abstand nehmen kann. Über das arme Tier und die Einsamkeit in fremden Städten nach gelungenen Auftritten habe ich schon mal geschrieben. Die rauschendsten Auftritte hinterlassen nachts die tiefsten Löcher. Man hat sich gut verkauft!

Und man hat nicht eine Arbeitsleistung verkauft, nein, man hat sein Innerstes verkauft, seine Seele.

Ein Liebeslied, in das Ohr der Geliebten gesungen, ist eine Situation, an die du dich das ganze Leben lang erinnern kannst. Das ist einmalig, der Wert des Liedes wird durchs Flüstern noch gesteigert.
Das gleiche Liebeslied, millionenfach vervielfältigt, ein großer Hit, dient Millionen als Vorlage für ihre Gefühle. Das Lied wird zur Schablone, der Sänger verrät seine innersten Gefühle, bekommt sie aber nicht millionenfach zurück, außer bestenfalls in Form von Reichtum. Der macht allerdings selten glücklich.

Mehr noch als der Schauspieler, der ja mittels seiner Technik in verschiedene Rollen schlüpft, die er, sobald er das Theater verlässt, wieder ablegt, verkauft der selbstidentische Musiker nicht eine von ihm hergestellte Ware, sondern sich selbst. Er ist quasi Prostituierter. Und das viel mehr als die Tanzmugger, die das Musizieren eher als Handwerk betreiben. Witzig, das Musiker selbst es oft anders herum sehen, und gerade Tanzmusik machen als Prostitution bezeichnen.

Der bildende Künstler legt sich auch in sein Werk. Aber er schließt sein Werk ab. Es ist irgend wann fertig und in Persona nicht mehr nötig. Er kann sein Bild auch überpinseln, korrigieren oder wegschmeissen. Musiker sind wie keine anderen Künstler ihre eigene Ware.

Der Applaus ist das Brot des Künstlers. Das stimmt insofern, dass wenn er ausbleibt, es einem dreckig geht. Aber selbst der längste Schlussapplaus ist irgend wann zu Ende und wenn man Glück hat, wird man bar bezahlt. Naheliegend, dass man sich schnell die fehlenden Morphine hinzukauft.

Ich finde es zu einfach, zu sagen, die hatten ihr Leben nicht im Griff. Dazu waren es zu viele. Ich schätze, sie konnten ihr Leben gar nicht in den Griff bekommen, zumal das Leben als Rundfunk- oder Plattenstar noch gar keiner vorher kannte. Das Medium war so neu wie heute das Internet und kein Mensch kann sagen, was das mit uns macht. Damals war es ein Hype und dass es dazu noch afroamerikanische Künstler waren, die in diesen Strudel gerieten, dafür gab es überhaupt keine Erfahrungswerte.

Es ist ein Riesenschritt von der akustischen Verbreitung mittels Stimme oder Instrument zur elektronisch verstärkten oder gar mechanischen Vervielfältigung. Die Natur hat der Stimme eine bestimmte Lautstärke gegeben. Wir können diese nun verstärken, sind aber nicht mehr in der Lage, interaktiv zu agieren. Weder sehen wir den Konzertbesucher der hintersten Reihe, noch können wir seine Reaktion einschätzen. Es besteht ein Ungleichgewicht von Sender und Empfänger.

Ohne diese Technik wären all die Musiker nicht so früh gestorben. Heißt nicht, dass ich die Technik ablehne, sondern nur, dass man sich im Klaren darüber sein sollte, was man da tut.

Saxophon spielen ist auch immer ein wenig Sex. Öffentlich immer ein wenig Exibitionismus. Den Spagat, sein Individuum zu verkaufen (vervielfältigen) und es gleichzeitig zu leben, scheint mir fast unmöglich.
Letzte Änderung: 05 Mai 2010 21:27 von pue.
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 23:23 #90095

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Hi,

nein, kein langer Erguss diesmal :laugh:

Aber der Wert eines Dinges bemisst sich nicht nur nach Seltenheit, sondern auch nach der Möglichkeit es zu benutzen und an Dritte zu verkaufen, die es benutzen.

Und somit ist esdoch paradoxer Weise geradezu so, dass die Uniformität der Musik für die Labels den größten Wert besitzt. Rihanna wollen alle hören. Albert Ayler at Slug's Saloon keine Sau.

Über dasGefühl nach dem Spielen haben wir schon einmal geredet. Ich empfinde es mitunter als ein durchdringendes Glücksgefühl. Trotz seltsamer Hotels, hastigen Essens und manchmal merkwürdigem Publikum.

morgen mehr, nach dieser Drohung geh ich jetzt heia :pinch:
next time you see me...
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Der individuelle Ton 05 Mai 2010 23:54 #90097

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Moin!

Individueller Ton/Sound/ Klang!

1) Man kann nur Wert darauf legen, wenn man weiß, dass es etwas zu finden gibt!

2) Wenn man es nicht weiß, dann kann man auch sehr leicht darauf verzichten!

3) Das schöne ist, das fast Alle, wieder und wieder daran feilen, sich in Klang und Spiel zu verbessern!
Ihre Leitfiguren haben, an denen sie sich orientieren!


Und ich kann nur dazu raten, immer zu suchen was in euch steckt, mit verschiedenen Saxophonen, Mundstücken und anderen Gleichgesinnten!

Das ist übrigens auch eine Botschaft dieses Forums, seit Bestehen, begabte Hobby-Saxer zu motivieren!

Einigen Saxophon-Giganten ist es nicht gut gegangen, das wissen wir alle!

Wir kennen ihren Genius und ihr Leid, aber es gilt das Feuer weiter zu geben und nicht die Asche! ;)

DANN, ehren wir sie!

LG Hans
Letzte Änderung: 05 Mai 2010 23:55 von hwp.
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Der individuelle Ton 06 Mai 2010 02:15 #90100

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ein möglichst individueller ton, das heißt: ein dem individuum irgendwie typisch entsprechender ton, das heißt: es muß ein künstlerisches individuum überhaupt vorhanden sein ! also ein individueller ton ist das einzige erquickliche, um das es sich zu mühen lohnt.

nicht umsonst sehnen sich die ganzen genormten orchester tuten nach der wildheit des individuellen jatzes ! einige schmeißen sogar die klarionett in die ecke und greifen zum an sich instabilen saxophon !

und das ganze hypomixolydischsyrischvermindert#11#13##15#17#18#19#21#23#25#27 gedudel klingt sowieso total gleich.

laßt das !

klingt !

B)
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Der individuelle Ton 06 Mai 2010 10:04 #90105

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@pue

Du stellst darauf ab, dass die Umstände, Medien etc. die großen (Sax-)musiker kaputt gemacht haben.
(Im übrigen vielen Expressionisten ging es nicht anders, obwohl es da noch nicht die elektronischen Medien gab.)

Die Frage ist doch, machen die Umstände die Musiker kaputt, oder werden halt mehrheitlich sensible, vielleicht auch labile Menschen erfolgreiche Musiker? M.a.W. sind die persönlichen/psyischen Strukturen die erfolgreiche Musiker/Künstler hervorbringen andererseits auch Strukturen, die besonders empfänglich sind für Verführungen durch Drogen etc.? (Viele große Maler waren ja der Auffassung, dass sie ohne Drogen gar nicht kreativ sein können!)

Beste Grüße,

Dreas
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