So nenn ich das, wenn ich in fremder Stadt nachts nach Hause laufe, nach einem gelungenen Konzert, super gelaufen, Wahnsinnserfolg, stehende Ovationen - dann lauf ich gerne zu Fuß ins Hotel zurück, auch wenn der Weg lang ist. Ich tanze eher, singe, könnte die ganze Welt umarmen, und dann, plötzlich, kommt es von hinten, das arme Dier. Ich fange an zu Heulen, noch im Freudestaumel reißt mich das weg und ich kauere in irgend einem Hauseingang. Da sitz ich dann, oft lange Zeit und werde ruhiger, bis ich weiter gehen kann, ernüchtert und in der Gewissheit, wieder bei mir und in der Realität angekommen zu sein.

Das passiert mir nun wirklich nicht oft, weil ich nicht wirklich oft großartige Konzerte mit großartigen Künstlern habe. In der Regel toure ich auf kleineren und größeren Bühnen in irgend welchen deutschen Städten. Doch selbst da kommt manchmal ein kleines Armes vorbei und zeigt mir den Weg zurück zu mir.

Es ist wie ein kleiner Absturz und er bringt mich zurück zur Erde. Nicht immer schaffe ich den Absprung zum rechten Zeitpunkt, denn, der Mensch wäre nicht Mensch, wenn er nicht versuchte, das Hochgefühl behalten zu wollen und da man gerade geackert hat und sich zudem belohnen muss, nimmt man Drogen. Man will nicht raus aus dem Gefühl und man hat es verdammt noch mal verdient! Also zieht man sich so ziemlich alles rein, was zu bekommen ist und verhindert den Absturz dadurch, dass man irgendwie in irgend einem Bett landet und wegratzt, bevor es abwärts geht. Der nächste Morgen ist übel und man versucht sich, bis zum Abend wieder aufzubauen.

Nimmst du diese Variante, machst du es nicht lange und das ist für mich, ganz persönlich, der Weg, auf dem du deine Seele verkaufst. Du machst es jeden Abend, spielst deine Musik, ziehst dich vor den Leuten aus und bekommst den tosenden Schlussapplaus. Leider reicht dir das nicht. Weil er nicht anhält. Schon beim Rausgehen unterhalten sich die ersten über das ungewöhnlich warme Wetter oder ihre Katze. Sie waren nur mal aus. Das wars. Trotzdem hat jeder ein wenig von dir mitgenommen. Und das fehlt dir jetzt.

Wenn du aber dem armen Dier erlaubst, zu dir zu kommen, dann bingt das dier deine Seele wieder zurück. Isso.

Danke.

LG Benno

Moin Moin,

und jösses pue, Du hast nicht nur die Gabe Musik zu machen, Du hast auch die Gabe Dinge in Worte zu fassen. :-ß
Top
Ich ziiehe meinen Hut und verneige mich und das ernsthaft.
Es ist eine Schreibe die ehrlich ist und Direkt aus dem Herzen kommt und das merkt man ))

Gruss ein Waldi, der nu zur Arbeit muss....

Hi PUE
hart aber ehrlich. KLASSE!
JEs

Danke auch :-ß

Chris

Lieber pue!

Dank Dir weiß ich jetzt, was da auf meinem Sofa gesessen und mich sofort wieder aus meiner Wohnung vetrieben hat, als ich glückselig nach meinem allerersten Konzert (ein Weihnachtskonzert - Saxophontrio) am späten Nachmittag nach Hause kam.

Beim nächsten Mal werde ich mich dazusetzen.

Liebe Grüße
von Klaus

Moin!

@pue- Beschreibst du hier eine Geschichte oder ein Werdegang, oder hast Du das selbst erlebt?

LG Hans

Wie ich schrub: ich erlebe es ab und zu.

Das Gegenteil dazu habe ich gerade gestern erlebt. Ich spiele seit 33 Jahren! in einer Bluesband und damit gestern in einer typischen Kölner Kneipe. Dank der EM war wenig Publikum zugegen und die gingen super mit. Es war ein toller Abend und am Schluss tanzte und schunkelte das Publikum zur Zugabe. Nachher haben sich die meisten persönlich bei uns bedankt und so hatte das arme Dier gestern frei. Ich kann jedem, der Karriere mit der Musik macht, empfehlen, nie die Roots, die Straße und die kleinen Bühnen zu vergessen.

Moin Pue!

Was du da preisgibst über dich, kann ich im Inhalt nicht beurteilen, weil ich kein Musiker bin!

Es ist für mich als Nichtmusiker, in der allgemeinen öffentlichen Bekennung, der heftigste Widerspruch in sich, ….zum Thema…-Verkaufte Seelen-!

Aber als Thema –Künstler oder verkaufte Seelen-, kann ich das nicht beurteilen! :-\

LG Hans

Genau, der heftigste Widerspruch in sich. Und der zerreist all die genialen, oft aber sozial und familiär ganz schlecht eingebundenen Genies in tausend Stücke. Gerade der hollywoodmäßige Aufstieg aus dem Ghetto zum Weltstar ist nicht zu leben. Es ist nur ein Traum vom Aufstieg. Du bleibst trotzdem alleine mit deinen Hämmoriden und deinem Kindheitstrauma oder was weiß ich. Bei beidem hilft kein Geld. Womöglich schadet es, weil du deine soziale Umbegung verläßt und dadurch endlich gar keinen richtigen Freund mehr hast.