jetzt mal ernsthaft, wie ist der Weg zB von John Coltrane zu zB Peter Weniger zu erklären ???

Kurz nachdem ich 1976 angefangen hatte, klassische Klarinette zu studieren, wurde an der Hochschule für Musik in Köln der Fachbereich Jazz eingeführt. Das ist die ganze Erklärung. Nicht wenige meiner damaligen Kommilitonen wechselten ins Fach Jazz und manche davon sind heute Professoren.

Das ist eine recht einfache Entwicklung, der Jazz war (CIA-gesteuert oder nicht) im Bildungsbürgertum angekommen, hoffähig geworden. Da bot sich das Studienangebot an und so ist der Jazz an die Hochschule gekommen. Das ist ja erst einmal nichts Schlimmes. Und trotzdem hat er sich damit weiter von seinen Wurzeln entfernt denn je.

und ich behaupte, dass es auch vor 50, 60, 70, ... Jahren nur wenige große Innovatoren gab.
nämlich "nur" die Spitze des Eisberges.
der große Rest hat auch "bloß" das nachgespielt was andere vorgemacht haben, und dafür hätte denen ein Studium auch nicht geschadet.
ok, früher war es vielleicht noch möglich seine Ausbildung auf der Bühne zu bekommen, einfach weil genügend Möglichkeiten zum spielen vorhanden waren.
aber die Zeiten sind ja leider passé.

was ich denn sagen will ist: Kreativität und Innovation lässt sich durch ein Jazzstudium nicht verhindern.

gute Musik allerdings lässt sich verhindern, wenn Kritiker ständig Innovationen vordern und Künstler sich gezwungen sehen diese Vorderung zu bedienen.

Gruß
pulco

Zitat Pulco"gute Musik allerdings lässt sich verhindern, wenn Kritiker ständig Innovationen vordern und Künstler sich gezwungen sehen diese Vorderung zu bedienen."
Stimmt - ähnlich wie mit "Kunst". Wenn Du "Kunst" machen(!)
möchtest kommt alles mögliche raus aber keine Kunst.
Die entsteht auch nur absichtslos.Siehe den Auftrags- und Gebrauchsmusiker Bach.
Zum Jazzstudium: ich finde, das Problem liegt darin, dass man, der Lehrbarkeit wegen, Systeme kreiert, wo keine sind.
Und noch schlimmer: und daran glaubt.

@corcovado : könntest du bitte mal genauer ausführen an welche Systeme du dabei denkst ?


Gruß
pulco

G7+9

Schreib doch so etwas nicht. So sehr ich Deine Beiträge immer schätze, aber diese Aussage solltest Du nochmal überdenken.

Bach war sehr ehrgeizig und sich sehr bewußt darüber, was er imstande war zu schaffen. Vielleicht macht ihn der Umstand, sich selbst nicht so wichtig genommen zu haben, in gewissen Kunstkreisen verdächtig.
Ihm war auch sehr bewußt, welchen hohen künstlerischen Rang er einnahm. Ihm war wohl nicht bewußt (das hätte ihn vermutlich erschreckt) wie groß seine Bedeutung für die Musikwelt dereinst sein würde.

Hier noch ein wenig »Gebrauchsmusik«.

Beste Grüße aus MH
Klaus

Seit wann gibt es eigentlich Jazz als Fachrichtung an den Hochschulen? Und ist das Resultat einer solchen Ausbildung ein Diplomjazzmusiker? Und nehmen die Orchester der öffentlichen Hand nur diplomierte Jazzmusiker?

Hi Klaus
Diese meine Aussage war ein Kompliment an Herrn Bach.
Ich kann mir kaum was peinlicheres vorstellen als jemanden, der sich hinsetzt und sagt:so jetzt mach ich Kunst.
Leider kann man Herrn Bach nicht mehr fragen aber ich bin mir sehr sicher, dass seine Intention war, seinen Job so gut wie möglich zu machen und das umzusetzen was ihm durch den Kopf ging.
Daraus sind Kunstwerke geworden. Aber die Vorstellung, jetzt ein Kunstwerk erschaffen zu wollen..ne. Das sind so Bildungsbürgertumsvorstellungen von einem "Künstler"
Damit meine ich Dich jetzt nicht!! Also mit dem Bildungsbürger.
Aber der Herr Gould, der ist doch knatschverrückt; die Tempowahl bei den Goldbergvariationen- der Mann ist toll.
Übrigens auch die Goldbervariationen waren Auftragsmusik.
Und Kunst- aber mit Sicherheit ohne die Absicht, Kunst zu machen.

Hi,

der heutige Kunstbegriff ist weitgehend eine Erfindung der deutschen Romantik. Vorher sahen sich Künstler, seien dies jetzt Maler wie Dürer oder Musiker wie Pachelbel und Bach eher als Handwerker. Der Begriff des schöpferischen Genies trifft zwar zu, ist aber eine spätere Kategorisierung.