ja, pue, wie lautet der schöne Spruch? -- Eigentum verpflichtet, es sei denn, man hat welches!
Hättest du wenigstens einen Chauffeur samt Limousinenpark, wäre der Einbruch nicht dein Problem gewesen.
Mir ist aber genau das auch passiert. Die Beifahrerscheibe wurde eingeschlagen und das Handy aus dem Auto geklaut. Es war am Ladegerät/Zigarettenanzünder angedockt und ich hatte vergessen, es mitzunehmen. Irgendein armer Wicht war das, sagte die Polizei und sie tippten auf Beschaffungskriminalität in der Drogenszene. Tja, da musste der Dieb für einen Schuss Heroin schnell an Bares kommen.
Fast tat er mir Leid, der Dieb, denn er musste wegen ein paar Cents solche Krummheiten begehen. Es war übrigens ein sehr altes Handy.
Damit nicht genug. Mich hat der Vorfall einen Vormittag Zeit gekostet, ich hatte den ADAC angerufen, den Wagen in die nächste Glaserei schleppen lassen, dann war die Reparatur erst am Abend erledigt, das heißt, zwei Taxifahrten waren fällig. Freundlicherweise wurde der Steinschlag an der Windschutzscheibe gleich mit mitneuverglast, was mir zuerst ökonomisch vorkam, dann aber den Versicherungsschutz kostete: Ich durfte nicht zwei voneinander unabhängige Schäden so schnell hintereinander bei der Versicherung deklarieren und habe meinen Vollkasko-Schutz verloren. jetzt zahle ich für die Teilkasko fast genauso viel. Was soll man da sagen: "lieber Dieb, bevor du das nächste Mal die Scheibe einschlägst, schelle doch bitte bei mir an. Wir können darüber reden!"
Etwa 150 Euro hat der Spaß mich gekostet, die Reparaturkosten waren natürlich wesentlich höher.
Nun will ich euch nicht mit meiner Geschichte langweilen, aber einmal auf den kausalen gesellschaftlichen Zusammenhang hinweisen. ich möchte fragen, wer hat an diesem Vorfall am meisten verdient und wer ist leer ausgegangen?
Sagen wir, ich könnte die Zeit zurückdrehen und dem Dieb 150 Euro in die Hand drücken, dafür lässt er die Hand ab von meiner Scheibe. Würde ich das tun? Ja! Gesagt, getan, er trollt sich, wackelt vondannen und was passiert? Er besorgt sich von meinen 150 Euro bei seinem Dealer Stoff und setzt sich den goldenen Schuss!
Zum Glück habe ich keine Fingerabdrücke auf Geld hinterlassen, puh, sonst könnte man mich des versuchten Mordes bezichtigen. Nein, denkt nicht, ich hätte Angst davor. Eher plagt mich das schlechte Gewissen (wieder!)
Wahrscheinlich ist schlechtes Gewissen gar nicht urdeutsch, sondern ein gesundes Symptom für das gesunde Bewusstsein, dass alles *irgendwie* kausal miteinander verkettet ist. Khalil Gibran hat das in "Der Prophet" an einer Stelle sehr schön zum Ausdruck gebracht:
So kann das Böse und Schwache nicht tiefer fallen als das Niedrigste, das in euch ist.
Und wie ein einzelnes Blatt nicht ohne das stille Wissen des ganzen Baumes vergilbt,
so kann auch der Übeltäter kein Unrecht tun ohne den verborgenen Willen von euch allen.
Und wenn einer von euch fällt, fällt er für die hinter ihm – eine Warnung vor dem Stolperstein.
Ja, und er fällt für die vor ihm, die, obgleich schneller und sicherer im Schritt, den Stein des Anstoßes nicht entfernten.
Um es auf den Punkt zu bringen: in demselben Maße, wie ich mein Eigentum durch schicke Schlösser und Sicherheitscodes sichere, provoziere ich die Diebe, eben diese zu knacken. Es wäre gegen die Ehre eines Diebes, sich auszumalen, diese nicht geknackt zu bekommen.
Apropos Schlösser ... Schlösser und Burgen. Stellt nicht der Bau einer Burg zugleich die Bitte an die Nachbarschaft dar, diese alsbald zu stürmen? Wie könnte der Bauherr anders unter Beweis zu stellen, dass die Burg sicher ist? Und unter welchem anderen Vorwand hätte er sie erbauen lassen?
Dasselbe mit Netzwerk- und PIN-Code-Hackern. Verletzt man nicht ihre Ehre, indem man sagt, Sicherheitssystem XY sei vor Angriffen von Außen sicher? Natürlich kann man sie auch vor ein Problem stellen, etwa, indem man sich gar nicht mehr schützt, also -- wie in pues Fall, das Auto direkt offen lässt. Das erinnert mich übrigens an meinen alten Völkerballtrick: anstatt wegzurennen´, um nicht abgetroffen zu werden, bin ich einfach stehen geblieben. Ich wurde dadurch schlichtweg übersehen oder -- falls nicht, stand ich ohnehin tete a tete mit dem Gegner und konnte dadurch ebenso wenig abgetroffen werden.
Nach einem vergleichbaren spielerischen Regelwerk funktioniert unsere Gesellschaft. Es hilft nicht, dem Dieb die Autotür offen zu lassen, denn er kommt des nachts und kontrolliert die Tür ohnehin nicht. Wenn man ihm entgegen kommen will, muss man die Scheibe unten lassen. Oder ein Cabrio abstellen.
Soweit mein Beitrag, der die Diskussion vom schlechten Gewissen in
den Wahnsinn die Philosophie treibt.
Schöne Gute Nacht,
wünscht wallenstein