Ich stimme JEs und Happi völlig zu. Übrigens auch, was den Ton angeht - ich bin vielleicht noch nicht lange in diesem Forum und hab keine dreistellige Postzahl (was, abgesehen davon, nichts bedeuten muss), aber per "Kapito?" lass ich mir sicher nicht den Mund verbieten (oder auch nur das Schweigen nahelegen). Wahrscheinlich gibts deswegen jetzt ein recht langes Post... Los gehts:
Warum bloß soll Besitzgier etwas Fördernswertes sein, Vernunft aber nicht? Warum soll die Erfahrung von vielen nichts wert sein in dem Moment, wo blanker, schnöder Opportunismus möglich wird? Ich unterstelle saxibatzi das übrigens nicht einmal - sie hat eine tolle Gelegenheit, und alles, was ich ihr wünsche, ist, dass sie das Beste draus macht, statt loszurennen und einfach möglichst viel von dem vorgesehenen Geld auszugeben. Wenn sie dabei zu einem neuen (vgl. u.!) Saxophon kommt, wunderbar - nur scheint mir das nicht das Entscheidende, schließlich gehts ja um Klang und Spielbarkeit. Und noch was: Neid dürfte es kaum sein, was uns antreibt - ich habe zum Beispiel selber einige Hörner, darunter auch ein Selmer. Dass ich inzwischen vor allem auf meinen Yanis spiele und die klar vorziehe, hat demnach übrigens sein Gründe... obwohl es beides äußerlich "alte Gurken" sind.
"Neu" heißt - nicht nur bei Saxophonen - neu für den Nutzenden, Punkt. Darin liegt der Wert, und darin liegt die Chance. "Fabrikneu" heißt nicht "besser", ganz gleich, was es kostet. Meine beiden besten(!) Saxophone habe ich als Abbruch-Instrumente gekauft und auf Vordermann bringen lassen müssen - aber das hat sich absolut gelohnt. Das Yanagisawa B-6 (nach heutiger Rechnung für etwa 700 Euro gekauft - sogar spielbar!) schlägt seit der Überholung klanglich bisher jedes Selmer, mit dem ich es vergleiche. Das Einzige, was Selmer (beim SA 80 II) besser kann, ist Spitzenlautstärke. Und mein neues(!) A-6 hab ich aufm Flohmarkt gekauft für umgerechnet knapp 200 Euro - da war dann natürlich auch wieder eine Generalüberholung fällig. Beide Instrumente spielen sich aber jetzt agiler als alles, was Selmer zur Zeit auf die Beine stellt - die Action vom A-6 ist schlicht genial (soll natürlich dem MKVI nachempfunden sein - mir auch recht!). Bei den Baris fühlen sich nur die MKVI-Low-B-Baris aus den Sechzigern ebenso angenehm an unter den Fingern, und sie klingen auch sehr fein - ich kann mir also sehr gut vorstellen, dass man als MKVI-Besitzer zum Selmer-Fan wird. Aber bei aktuellen Modellen ist das einfach keine klare Sache mehr - da gibts mindestens ebenso Gutes anderswo...
Zurück zum Wesentlichen: Eigentlich sollte klar sein, dass es schlichter Mumpitz ist zu glauben, irgendein teures Horn mache automatisch einen besseren oder auch nur anderen Ton oder gar den/die bessere/-n Saxophonist/-in (sorry, Fingerübung in geschlechterneutralem Tippen). Ich erlebe sehr oft, wie falsch diese Annahme ist - wenn ich nämlich mit Leuten spielen muss, die teure Saxophone (meistens Selmer - Schweizer sind oft Snobs) vorm Bauch hängen haben, aber entweder zu wenig können oder nicht genug üben oder beides. Was an dieser Feststellung "off topic" sein soll, ist mir schleierhaft - es gehört als zentrale Überlegung einfach dazu!
"It's the player, not the horn." Spielende/-r - Mundstück - Blatt - Horn: Das sind die Einflussfaktoren, und zwar in dieser Reihenfolge, das heißt: Erst wenn auf den ersten drei Positionen alles stimmt, dann beginnt das Horn interessant zu werden, keinen Moment vorher.
Dazu kommt noch was anderes: Yamaha (alle Hörner) hat eine sehr gute, verlässliche Action (frag Inderbinen!) - wenn sie in gutem Zustand sind. Mein YAS-25 - ja, die "alte Gurke" - ist immer noch locker konkurrenzfähig, was das angeht, obwohl ich dafür nie eine Generalüberholung gemacht habe. Aber ich lasse es halt regelmäßig (etwa einmal im Jahr) nachregulieren. Bevor das YAS-475 also nicht reguliert bzw. richtig überholt ist, ist gar nicht klar, wie gut oder schlecht es ist bzw. klingt. Es jetzt wegzugeben wäre dasselbe, wie eine Eigentumswohnung zu verlassen (nicht: sie zu verkaufen), weil man sie hat verkommen lassen, nur weil man eine neue geschenkt kriegt - kann man natürlich machen, aber es ist übelste Geldverschwendung, und dumm dazu. Und was passiert, wenn das neue Horn ein paar Jahre aufm Buckel hat und dereguliert ist? Auch wegschmeißen? Ich finde, es ist wesentlich, früh genug zu begreifen, dass man Saxophone unterhalten muss - und dass sich das wirklich lohnt.
M.