hwp schrieb:Gleichwohl man in der Schule für das Leben lernt, bzw. mit Wissen ausgestattet wird, die es uns erlauben sich situationsgerecht zu verhalten, also ein sozialisierender Ansatz!
Den Spruch "Du lernst nicht für die Schule, sondern für's Leben" halte ich für Quatsch. Nirgendwo sonst als in der Schule findest du den Lehrer-Schülerwahn, nirgendwo sonst muss die Chemie stimmen, ansonsten versauen die Schulnoten deinen Schulabschluss und lenken den Rest des Lebens womöglich in vorbestimmte Bahnen. Außerdem habe ich für meinen Teil immer für den Lehrer gelernt: wenn ich mich positiv motiviert fühlte, war mein Einsatz in diesem Unterrichtsfach größer und die Schulnote am Ende besser.
Leider wird die Pädagogik völlig unterschätzt. Ich habe einmal einen Versuch in der Erwachsenenbildung gemacht. Ich habe zwei Unterrichtseinheiten vorbereitet, in der ersten (in einem Fach im EDV, in dem ich mich absolut fit fühlte) habe ich versucht das Wissen ohne jede Pädagogik (Null Motivation, Null Vormachen - Nachmachen, kein Loben, kein Kritisieren) vorzutragen. Das dürfte einer Vorlesung an der Uni ähneln. Im zweiten Fall habe ich die Schüler ein Thema finden lassen, von dem ich keine Ahnung habe. Nun war der "pädagogoische Auftrag" da, das heißt, es galt die Schüler zu motivieren, dass sie sich im Team oder allein oder mit Online-Hilfsmittel das Thema erarbeiteten. Dazu kamen von meiner Seite Motivation, Lernfestigung und Feedback. Es dürfte klar sein, dass das Ergebnis hier besser ausgefallen ist.
Natürlich gibt es Autodidakten, die brauchen keinen Lehrer. Ob man fürs Saxspielen keinen Lehrer braucht, weiß ich nicht, aber falls man einen hat, ist man seinem/ihrem pädagogischen Geschick erst einmal hilflos ausgeliefert.
Leider denken die meisten Lehrer, dass sie Kraft ihres Amtes (oder Wissens oder Könnens) genug Charisma haben, einen wunderschönen Unterricht abzuhalten. Sie protzen und prahlen mit ihrem Wissen, aber was nutzt es dem Schüler? Im Idealfall verliebt sich die hübsche Schülerin in diesen allwissenden Lehrer, himmelt ihn an und kopiert seine Mode, seinen Stil, seinen Klang. Das ehrt den Lehrer, natürlich, und er lässt nun alle Pädagogik ganz fahren. Prima
In diesen schönen Zeiten, in denen alles Wissen ohnehin online abrufbar ist, braucht es doch nur noch ein USB-Kabel vom Computer direkt ins Hirn und voila - alles Wissen ist übertragen. Natürlich funzt das so nicht. Warum funzt das nicht? Weil das Wissen nicht didaktisch aufgearbeitet ist und weil Lernen ein Prozess ist. Das heißt ... ja, wieder einmal ... man muss den Schüler da abholen, wo er steht (man achte bei diesem Satz einmal darauf, wer hier was tun muss!)
Überhaupt, was gibt es groß fürs Leben zu lernen? Ich muss lernen mich zu ernähren und brauche ein Dach über dem Kopf. Dafür braucht es Geld, ich muss also "anschaffen." Je nachdem, wie virtuos ich auf meinem Gebiet bin, verdiene ich mehr oder weniger und muss mehr oder weniger arbeiten, um mich zu ernähren und ein Dach über dem Kopf zu haben. Das ist alles, was es zu Lernen gibt. Paradoxerweise ist das nicht das Leben und das spüren die Schüler. Wahrscheinlich machen sie es intuitiv richtig, indem sie für den Lehrer lernen, der mit seinem Leben, seinem Können, seinen Schülern und mit sich im Reinen ist.
Das entspricht in etwa dem, wie wir Erwachsene beim Lernen vorgehen: wir dackeln zur Musikschule oder in die VHS und buchen Unterricht gegen Geld. Wenn die Chemie und/oder der Klang des Lehrers stimmt, ist alles okay. Wenn nicht, suchen wir uns einen Neuen.
Es wäre schön, wenn die Schüler in den Zwangsschulen diese Wahlfreiheit ebenfalls hätten.
Soweit der Senf von mir,
schöne Grüße von wallenstein