Merlino schrieb:
War das jemals anders im Geschäftsleben??


SlowJoe

Also, langfristig kann jedes Unternehmen nur überleben wenn es auskömmliche Gewinne macht (wobei "auskömmlich" heißt, dass es zumindest die Investionen aus den Gewinnen finanzieren muß. Und der Eigentümer möchte irgendwann auch noch sein Risiko bezahlt bekommen.)

Wenn "Keilwerth" tatsächlich so schlecht dasteht, ist schon seit längerem einiges schief gelaufen. I.d.R sind das die maßgeblichen Gründe:

- es sind nicht die Produkte angeboten worden, die der Markt, sprich
der Kunde, in ausreichender Stückzahl haben will
- der Markt ist nicht mehr gross genug
- das Unternehmen kann nicht die Preise durchsetzen, die es benötigt, um
profitabel zu sein

Vermutlich trifft hier von jedem Punkt etwas zu. Der Markt für Saxophone dürfte in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich geschrumpft sein (wie hoch ist der Anteil von Jugendlichen heute, die Musizieren "cool" finden? Leider sicher deutlich kleiner als vor 30 oder 40 Jahren!)

Und ich wage mal zu behaupten, dass z.B. YAMAHA auf Grund ganz anderere Stückzahlen (im gesamten Instrumentenbau) einfach Kostenvorteile haben dürfte und somit je verkauftem Saxophon einfach mehr verdient, bzw.
unter Etragsgesichtspunkten Keilwerth deutlich teuerer sein müßte.
(Und sicher üben die asiatischen Billighersteller zusätzlichen Preisdruck aus.)

Vermutlich wird "Keilwerth" als Marke überleben, weil es jemanden geben wird, der versucht die Marke erfolgreich weiterzuführen. Ob die Saxe dann noch aus Deutschland kommen, steht auf einem anderen Blatt.

Und wenn dann die Qualität nachlässt, ist irgendwann auch die Marke ruiniert.

Beste Grüße,

Dreas

Hier mal einige "Zahlen von Schreiber" und Keilwerth aus dem Jahr 2007:

Umsatz : ca. 21,- Mio €
Ergebnis : ca. -1,- Mio €
Verlustvortrag: ca. - 18,- Mio € (aufgelaufener Verlust)
(durch eine Kapitalrücklage von 9,7 Mio€ reduziert sich der Verlust
auf rund 8,3 Mio €)
cash Flow : -2,6 Mio € (d.h. das Unternehmen benötigte 2,6 Mio €
fremdes Geld um liquide zu bleiben.)
Verbindlichkeiten: ca. -20 Mio € (das sind die Schulden)

Bis September 2007 wurden die notwendigen liquiden Mitte durch die Mutter "The Music Group int. Ltd." per Darlehen zur Verfügung gestellt.

Im Jahre 2007 hat The Music Goup die Anteile ane "Schreiber und Keilwerth" sowie seinem Geschäftsführer veräußert.

Die Zahlen sprechen für sich. Es steht zu befürchten, dass sich die Finanzlage auf Grund der Krise in den letzten zwei Jahren nicht verbessert hat.

Beste Grüße,

Dreas

P.S.: Die Zahlen sind für jeden im elektronichen Bundesanzeiger nachzulesen; www.unternehmensregister.de

Das ist tragisch, war aber wohl zu befürchten. Nach meiner Ansicht lohnt sich der Saxophonbau in Deutschland kaum mehr. Höchstens momentan noch für Selmer, weils offensichtlich noch genügend Massenkunden gibt, die bereit sind, fast jeden Preis dafür zu bezahlen. Keilwerth hat da leider - obwohl immer qualitativ hochwertige Instrumente - nie imagemässig mithalten können.

In Europa lohnt sich wohl nur noch Nischenproduktion als Manufaktur zu entsprechenden Preisen (Inderbinen, Eppelsheim) oder Vertrieb von Instrumenten aus Taiwan oder China. Eventuell wäre eine Mischpoduktion denkbar. Eine hochpreisige Linie die in Deutschland hergestellt wird (z.B. Shadow und Vintage) und alles andere, vor allem für den Massenmarkt aus Fernost zugekauft.

Aber vielleicht ist es schon zu spät um das Unternehmen neu auszurichten.

Es sei denn, der zukünftige CEO JES kann das Ruder noch herumreissen!

...übrigens, ist schon jemand aufgefallen, dass seit Wochen -zig SX 90R - Saxophone in ebay angeboten werden?

Ausverkauf?

Vielleicht was für Schnäppchenjäger....

SlowJoe

So, jetzt isses passiert, bei Schreiber & Keilwerth läuft ein Insolvenzverfahren. Die Firma wird jetzt von einem Konkursverwalter geführt.


SlowJoe

Jepp Leider!

Hier die aktuelle Meldung dazu:

...schon erstaunlich, wie positiv man die Tatsache dass der Laden finanziell und Produktstrategisch an die Wand gefahren wurde und dem Management von Gerichts wegen das Steuer aus der Hand genommen wurde darstellen kann......


SlowJoe

Hi,

so kann man das sehen. Aber wenn dann noch die Kredite fällig gestellt werden, ist Schicht im Schacht. Immerhin - es scheint ja wohl weiter zu gehen.

Ich wünsche jedenfalls allen direkt Betroffenen, dass tatsächlich etwas Gutes daraus entsteht.

Die Schuld auf die Bank zu schieben ist aber wohl etwas zu einfach. Außerdem hätten die eben nicht nur nach billigen Zinsen, sondern einem verlässlichen Finanzpartner suchen sollen. Das wissen die Leute, die bei isländischen Banken Ihr Geld anlegten jetzt auch. Meine Oma wusste das auch schon.

Egal. Ich hoffe dass wir noch viele schöne Instrumente von Keilwerth gebaut bekommen.


Viele Grüße