Das Alphorn ist ein Instrument, was ausschließlich die Naturton-(Oberton-)reihe gebraucht. Auch auf dem Sax ist es möglich, ohne Fingerbewegung ganze Melodien zu spielen. In entsprechend hohem Bereich kann man also auch Ganz- und Halbtöne spielen. Diese müssen allerdings oft leicht korrigiert werden, sie halten sich nämlich nicht an unser wohltemperiertes System.
Der Nutzen beim Üben der Obertöne ist doppelt: erstens erweitert es den spielbaren Tonumfang des Hornes und zweitens ist es eine der besten Methoden zum Erlernen eines guten Ansatzes. Einen bestimmten Oberton zum Schwingen zu bringen bedeutet, im eigenen Körper optimale Bedingungen für diese Ton herzustellen. In den normalen Lagen des Saxes fällt es nicht auf, wenn hier ein bisschen zu wenig oder dort ein bisschen zuviel Spannung herrschen; man ist nicht so doll darauf angewiesen, die optimalen Bedingungen herzustellen. Die Obertonübungen (die etwas anders sind als das Greifen und Spielen der Toptones) führen zu einem optimalen Ansatz auch in den unteren Registern.
Beim Üben der Obertöne ist wichtig, die Töne vorzudenken um sie dann zu treffen. Kann man die Töne noch nicht denken, ist es gut, sich die Töne erst einmal "gegriffen" vorzuspielen um sie danach als Oberton zu treffen.
Noch ein kleiner Ausflug. Die Obertonreihe ist unerläßlich zum Verständnis der Musikgeschichte und -theorie. deshalb hier noch einmal ein Bild (Quelle: wiki):
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Anhand dieser Tonreihe kann man die gesamte Geschichte der Musik nachvollziehen. Nochmal zum Verständnis: all diese Töne schwingen in einem einzigen Ton einer menschlichen Stimme mit, sind uns also von Geburt an vertraut.
Oktave
Singen ein Mann und eine Frau zusammen, dann singen sie in der Regel in einem Abstand von einer Oktave, dem Intervall zum ersten Oberton. Sie synchronisieren sich automatisch.
Quinte
In fast allen Kulturen, die ich kenne, ist die Quinte das zugrunde liegende Intervall der Melodie. Am bekanntesten und von verschiedensten Kulturen benutzt ist die Pentatonik, eine Tonreihe, die sich ergibt, wenn man 4 Quinten übereinander stapelt. Stapelt man 6 Übereinander, dann kommt man zu unseren diatonischen Leitern.
Quarte
Durch Oktave un Quinte ist die Quarte schon definiert und bedarf hier keiner Erläuterung.
Terzen
Die große und kleine Terz sind entscheidend für das harmonische Gepräge. Schichten wir die Terzen übereinander, erhalten wir unsere Akkorde. Je mehr Terzen wir übereinanderschichten, desto komplexer klingen die Gebilde. Der Jazz hat auf diesem Gebiet Vieles erschaffen, was vorher unerhört schien. Die Terz zwischen dem 6. und 7. Oberton ist etwas kleiner als klein und bringt uns schon in den Bereich der Sekunde.
Sekunden
Im gegenwärtigen Stand unserer Kultur bauen die meisten Instrumentenkonstruktionen auf große und kleine Sekunde auf. Am Augenscheinlichsten ist dies an der Klaviertatstatur zu erkennen.
Mikrointervalle
Es gab im 20. Jahrhundert einige Versuche, im diesen für unsere Ohren fernen Kosmos vorzudringen. Es gibt Vierteltonkompositionen, Vierteltonklaviere und -klarinetten (habe selbst mal eine Vierteltongrifftabelle für deutsche Klarinette entworfen). Das "Diktat" der Chromatik ist allerdings stark und Vierteltonmusik selten. Die Zukunft wird zeigen, ob wir es schaffen, auch mit diesem Tonmaterial souverän umzugehen.
Anmerkungen:
Für die vielen Jazzer hier von Interesse sind die kleine Septime und die flatted fifth, die vielleicht nicht von ungefähr in der oben dargestellten Tonreihe als 7. und 11. Oberton zu sehen sind. Sie haben hier sozusagen ein natürliches Vorkommen und sind über die afro-amerikanische Musik in den Jazz eingeflossen. Man erhält die Töne allerdings auch, wenn man an unsere abendländische Quintenschichtung
F C G D A E H
jeweils noch ein weitere Quinte dranhängt:
Bb F C G D A E H
F#.
Hängen wir noch eine dran, dann bekommen wir die letzte unserer Bluenote auch noch hin:
Eb Bb F C G D A E H
F#
Wie man sieht, steckt die ganze Musiktheorie, -praxis und -geschichte in einem einzigen Ton.