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THEMA: Zusammenspiel

Zusammenspiel 14 Jan 2010 16:51 #84769

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Seit meiner Kindheit war Musizieren immer Zusammenspiel. Ich hatte 4 ältere Brüder und eine Mutter, die alle musizierten. Dass ich dann endlich auch in die Blödflockenstunde geschickt wurde, war abzusehen und eigentlich gar nicht mehr nötig. Ich hatte schon längst alles auskundschaftet auf dem Instrument. Es war Hausmusik angesagt mit all den Volksliedern, aber auch der klassischen Literatur, später experimentierte und improvisierte ich wild mit meinem Bruder, der am Klavier die angesagte Rockmusik oder hahnebüchene Akkordkombinationen probierte. Wieder ein paar Jahre später spielte ich in diversen Bands Blues, Rock, Jazz, Free Jazz und experimentelle Musik.

Von Hause aus eher schüchtern, war das Musizieren in der Gruppe vielleicht der Ersatz für meine sonst zu kurz kommende Kommunikation. War das Musizieren früher immer familiär eingebunden, so verlagerte es sich Anfang der 70er naturgemäß mehr und mehr in die Öffentlichkeit.
Durch eine stark politisierte Szene in Leverkusen wurde Musik schnell zu einem Instrument, unsere gesellschaftlichen Belange auszudrücken. Keine Hausbesetzung ohne Kapelle, keine Demo ohne Blasmusik, es wurde zu Kabarett, Theater und Ballett musiziert, es fand ein reger, auch musikalischer Austausch mit den hier lebenden Ausländern statt und unsere Aktivitäten wurden schnell zum Zentrum der Gegenkultur in einer Stadt, die, ganz durch den Bayerkonzern geprägt, zwar eine große Palette etablierter Kunst und Kultur, aber auch viel Chemiegestank und Giftmüll zu bieten hatte.
Später machten wir unser Hobby zum Beruf, wurden 'Kleinkünstler' und so einige andere aus der Szene brachten es später weit mit dem damals gelernten Handwerk.

Was für mich dabei immer im Vordergrund stand, war das Zusammenspiel. Noch heute spiele ich in einem Blasorchester, das Mitte der 70er entstanden ist, aus Profis sowie Laien besteht und alles zwischen Polka, East St. Louis Toodle-oo und freier Improvisation spielt.
In der Hofschaft, ich der ich lebe, stehen ca. 15 Häuser, hier gibt es den hofschaftseigenen St. Martinszug mit hofschaftseigener Kapelle. Sogar unterschiedliche Besetzungen bekommen wir hier hin und mit 2 Querflöten, 3 Saxophonen, einer Trompete, einer E-Gitarre, Kontrabass, Mandoline und natürlich Gesang wird schon mal ein Geburtstagskind überraschend beglückt.

Das sind für mich paradiesische Zustände, von denen ich lange nicht geglaubt habe, dass man die sogar in der Nachbarschaft leben kann. Ich mag Musik, die in die Gesellschaft eingebunden ist, All- und Festtagsmusik, Jahreszeiten-, Trauer-, Tanz- und politsche Musik vom und fürs Volk.
Ich mag Musik als kollektive Sprache, ganz nah und unmittelbar mit meinem Leben verknüpft.

Und genau aus diesen Gründen heraus interessiert es mich nicht, ob mein Spiel virtuos genug ist, die Musikstücke dem künstlerischen Anspruch genügen, ob ich einen 'großen' Ton habe oder mich stilmäßig genügend abgrenze. Ich will zusammen spielen, nicht Star vor tausenden von Leuten sein und verheizt werden, will keine Herrschaftsmusik in Opernhäusern spielen, keine Kaufhausmusik komponieren, sondern mich lediglich kollektiv ausdrücken.

In diesem Sinne *quetsch*
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Zusammenspiel 14 Jan 2010 17:12 #84772

  • Cozy
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Hallo Pue,

da hast Du ja wirklich eine recht interessante Geschichte erzählt (bzw. viel Verschiedenes erlebt) und dabei bist Du ja schon so lange hier im Forum dabei.

Aber ich finde das wirklich sehr schön, das Du es hier im Vorstellungsthread aufgeschrieben hast. Deine Gründe, warum Du musizierst gefallen mir auch sehr.

Das deckt sich irgendwie 1:1 mit meiner Meinung bzw. meinen persönlichen Zielen, nur hast Du sie schon so treffend in Worte gefasst. ;)

Liebe Grüsse

Cozy
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Zusammenspiel 19 Jan 2010 00:39 #84941

  • Saxcop
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Na, da hat sich pue aber der breiten Masse in einer sehr schönen Art geöffnet. Danke pue.

Auch ich bin seit meiner frühen Jugend mit Musik in Berührung gekommen. Mein Opa spielte Geige und hatte sein eigenes kleines Orchester. Er war gut, hat es aber nicht zum Beruf gemacht (machen wollen).
Mir hat man immer gesagt, dass ich nicht musikalisch sei. Meine Lehrerin der 5. Klasse meinte, dass ich, wenn es schon Musik sein soll, Orgel spielen soll. Da bräuchte ich kein Gehör für Noten, da diese schon vorbestimmt seien.
Also kauften meine Eltern eine gebrauchte Yamah Orgel und ich erhielt Gruppenunterricht. Eigentlich klappte es ganz gut und ich konnte schließlich sogar Melodien mit Akkordgriffen und Fußbegleitung spielen.
Leider stand ich immer im Schatten meines Opas der immer irgend etwas an meinem Spiel auszusezten hatte, gerade was die Notenwerte betraf. Mir hatte nie jemand erklärt, was eine "punktierte Viertel" eigentlich "technisch" ist. Ich bekam immer nur gesagt: Du mußt die länger halten, neee nicht so lang, neee doch länger.....ätzend.
Mein damaliger Lehrer gab mir dann ein Stück an dem ich schlicht verzweifelt bin -in meinem zarten Alter ohne entsprechendes Selbstbewußtsein.
Ich habe mich dann der Fliegerei (meinem damaligen Jugendtraum) zugewandt und mit der Musik gebrochen. Es schien mir, dass ich wirklich kein Talent hatte.
Das war vor 20 Jahren.

In einem Streßbewältigungsseminar riet man mir, doch etwas kreatives zur Entspannung zu machen, Musik zum Beispiel.
Irgenwie kam mir dann die Ideee, es vielleicht doch noch mal zu probieren, da ich mich damals in einer für mich sehr belastenden Lebensphase befand.
Aber ich wußte: wenn Musik, dann nur mit dem Instrument, dass ich schon immer absolut "geil" fand (schon seit der Kindheit): das Saxophon.
Es hat dann noch mal zwei Jahre gedauert, bis ich meinen heutigen Lehrer gefunden habe.
Er hat mir die Welt zur Musik und zum Saxophon auf eine tolle Art und Weise geöffnet - und siehe da: Es klappt. Ich kann zwar nicht singen, aber ich höre (meiner damaligen Lehrerin zum Trozt) ob ich ein c oder cis spiele.
Mittlerweile hat mein Lehrer mir auch mal "auseinanderklamüsert" was eine "punktierte Viertel" ist und siehe da: ich kann auch das spielen. Ein großes Lob an meinen Lehrer - ein super guter Musiker und super Pädagoge!
Leider kommt das alles 20 Jahre zu spät - aber es wird wohl für den Hausgebrauch reichen -und zu meiner Freude (und das ist das Wichtigste)

Und jetzt mal zum eingentlichen Thema:
Für mich ist es ein großer Traum, auch irgend wann einmal mit anderen Musikern zusammen spielen zu können. In einer Band vielleicht. Über meinen Lehrer und das Musikhaus hier am Ort habe ich einige erste Kontakte zu anderen Musikern bekommen. Mir gefällt es, Menschen kennen zu lernen, die beruflich etwas ganz anderes machen, als ich. Gute Gespräche und Gedankenaustausch, nette Menschen die sich von dem Klientel abheben, das ich jeden Tag im Dienst kennen lerne.
Mit solchen Menschen einmal zu musizieren, wäre etwas besonderes für mich - vielleicht klappt es ja mal eines Tages.
Aber Musik ist auch was für´s Ego (wie mein Lehrer immer sagt): es ist schon toll, wenn man vor einem Publikum spielt (OK, bei mir meine Frau, Familie und Kollegen) und eine positive Resonanz erhält, das ist schon ein gutes Gefühl.
Und ich muß pue hier Recht geben: es ist völlig egal, ob man einen großen Ton hat oder sich stilmäßig abgrenzt (schön formuliert). Die Anerkennung, welche man vom Zuhörer bekommt zählt.

Mein Chef hatte mich für die Weihnachtsfeier gefragt, ob ich etwas spiele. Ich trat dann also im "Rahmenprogramm" auf - und man hatte sogar Plakate gedruckt, um meinen Auftritt anzukündigen (Sponsered bei BDNHO = Bund Deutscher Halsnasen- und Ohrenärzte :laugh: ). Die hingen dann an der Eingangstür des Restaurants. OK, man muss diesen Auftritt und die Plakate mit dem nötigen Humor nehmen, aber irgendwie war es schon anerkennend.
Und obwohl ich mich ein paar mal "verhauen" habe fanden es meine Kolleginnen und Kollegen doch ganz schön, wie sie mir versicherten.

Mit einer Band und mehr Übung wäre das sicherlich wiederholenswert. Aber da ist der Job, die Familie, das Problem an Noten zu kommen und was weiß ich noch..

Warum schreibe ich das eigentlich alles hier??? Na egal, wollte ich mal los werden.

Viele Grüße
Olli
Letzte Änderung: 19 Jan 2010 00:41 von Saxcop.
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Zusammenspiel 19 Jan 2010 10:54 #84945

  • Merlino
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Saxcop schrieb:
Mit einer Band und mehr Übung wäre das sicherlich wiederholenswert.
...dann mach es !!! es macht große Freude. :woohoo: :silly:
Aber da ist der Job, die Familie,
...ok, aber geht trotzdem irgendwie.
das Problem an Noten zu kommen und was weiß ich noch..
...zählt nicht. ;) Noten gibt's überall, manchmal sogar für kleines Geld.
Wünsche Dir weiterhin viel Spaß mit dem Sax! (und denk kurz drüber nach, ob es nicht doch ginge ;) )

Gruß Merlino
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