Mitlesen tun immer noch viele. Sonst würde ich gar nicht mehr schreiben. Nur die Möglichkeit zur Interaktion wird leider wenig genutzt. Es herrscht die gewohnte Konsumentenhaltung.
Diese Aussage beschäftigt mich schon eine ganze Weile. Vielleicht, weil ich einen Vorwurf herauslese. Da gibt sich Lehrer Pue unendlich Mühe, dies und das für uns geneigte Leser aufzubröseln, die Beiträge sind genial, werden gern gelesen (munkelt man) und dann kommt nicht ein Piep zurück. Ist das zu fassen? Ich unterstelle, sie werden gar nicht gelesen. Oder schweben inhaltlich auf Wolke sieben, dass man sie gar nicht versteht! *)
Zuerst dachte ich, es läge an der Form des "eLearnings", das ja kein fassbares Gegenüber kennt: Man hallt in den Wald und es kommt nicht einmal ein Rauschen zurück.
Dummerweise hat man eben dieses Problem auch beim Frontalunterricht. Die Rede ist von echten Menschen, die vor echten Schülern stehen und "echten" Unterricht abhalten. Da muss man sich einmal umsehen, denn da hört auch niemand richtig hin, da kommt auch kein Piep zurück. Es sei denn, Schulnoten- und Zeugnisdruck wird aufgebaut. Konsumentenhaltung ist also nicht richtig, denn es wird gar nicht (jedenfalls nicht freiwillig) konsumiert. Und Schulnotendruck haben wir in der Erwachsenenbildung nicht. Das Eis wird dünn.
Was lässt sich verbessern? Oder anders gefragt, wie sieht eine Unterrichtssituation aus, bei der alle hochmotiviert bei der Sache sind? "Alle" ist schon wieder falsch, denn wenn ich "alle" schreibe, erreiche ich niemand. Links rein, rechts raus. Also stelle ich die Frage anders: Was muss hier passieren, damit du mehr Spaß hast?
Das könntest du Pue einmal ins Öhrchen flüstern.
Soll man Geld für das Seminar nehmen? Dann sind die Schüler allemal stärker motiviert. Sie wissen, dass sie sich einbringen müssen, andernfalls ist das Geld in den Sand gesetzt. Komisch, dass das funktionieren kann. In einem offenen Forum funktioniert das natürlich nicht, ist mir auch klar, aber sich als Lehrer auszumalen, wie der Unterricht wohl laufen würde, wenn er bezahlt werden würde, bringt schon einmal weiter.
Werfen wir einen Blick auf die didaktischen Leckerbissen. Wie viel am Stück ist überhaupt zumutbar, wie viel Zeit muss man investieren und vor allem, wofür? Weiß das jemand? Wie hört es sich an, das zu fragen? Manchmal vergessen Lehrer, das voranzustellen. Ich habe von Harmonien keine Ahnung, die meisten dummen Fragen stellen sich schon deswegen, weil ich nicht weiß, wofür diese überhaupt gut sind. Erstens. Zweitens hat mir noch nie jemand die Sache schmackhaft gemacht. Was habe ich davon, wenn ich mich damit beschäftige? Man darf wohl annehmen, dass ein Mensch nur etwas lernen will, wenn er das Gefühl hat, es zu brauchen? Oha, das ist wirklich eine ernst zu nehmende Konsumentenhaltung!
Oder doch nicht? Gerade muss ich an meine Ausbildereignungsprüfung denken: Ich wäre bei der Prüfung schlichtweg durchgefallen, wenn ich vor die Unterrichtseinheiten keine Motivation gesetzt hätte! Erwachsene sind nicht anders gestrickt als Jugendliche in der Ausbildung: Sie wollen wissen, wofür sie etwas wissen sollen und es muss ihnen der Mund wässrig gemacht werden. Und zwar Häppchen für Häppchen. Einer der Prüfer ging soweit zu sagen: Wissen lässt sich anlesen, aber vermitteln muss man können.
Wenn die Motivation nun da ist und die Neugierde auf das Thema geweckt ist, stellt sich die Frage nach dem Umfang der Lektionen. Pi mal Daumen zwanzig Minuten konzentriert, sagt man, ist die Richtschnur (wenn ich richtig in Erinnerung habe). Da haben wir im eLearning den Vorteil, dass man Klicken, Linken, machen, tun und Querlesen kann. Das ist auch gleich der Nachteil: sinkt die Aufmerksamkeit, fängt der Schüler an, eMails zu beantworten oder im Forum zu schreiben.
Wie auch immer, nach 20 Minuten fallen die Klappen und die Aufmerksamkeit geht in den Keller. Was nun? Wir nutzen die Zeit für eine Praxisaufgabe! Gut. Der/die Lehrer/in macht vor, die Schüler machen nach, der/die Lehrer/in schaut, ob alles richtig läuft und das funktioniert sogar online. Hier nicht vergessen: Lob fördert die Motivation (kennen wir) und bitte nicht alles gleich erklären, sondern besser vom Schüler erarbeiten lassen. Prima. Sofort ein anderes Lernklima, sofort auch viel weniger Konsumentenhaltung. Das hatten wir hier bereits einmal. Um es wiederzubekommen, nur dran denken: was der Lehrer sagt, geht links rein, rechts raus, anhaften tuts nur bei persönlicher Betroffenheit und die muss stets neu hergestellt werden. Das ist hart, aber es ist so.
Als Nächstes erarbeitet der Schüler seine Aufgaben, die das neue Wissen festigen und auch weiterentwickeln sollen. "Transferleistung" heißt das im Pädagogenhochdeutsch. Apropos ... ich bin nicht nachtragend, aber da war noch der Begriff "Lernzielkontrolle". Es steht nicht außer Zweifel, dass "Lernzielkontrolle" und "Transferleistung" wie auch "Lernklima" scheußliche Worte sind, aber dahinter steckt ein Konzept. Schließlich sind wir nicht die ersten, die mit der Konsumentenhaltung zu kämpfen haben. Umbenennen lassen sich solche Begriffe später immer noch, aber was in ihnen steckt, ist nicht von der Hand zu weisen.
Soweit auf die Schnelle, wie gesagt, ich hatte mich schon eine Weile mit der traurigen Stille hier beschäftigt. Ich hätte es auch per PM an pue abfrühstücken können, aber vielleicht lässt sich gemeinsam ein Weg finden, wie es denn hier nun weiter geht und wer sich in welcher Form einbringen mag. Andernfalls verschenkt man Potential und wenn die Sache eingeschläfert wird, wäre das für alle schade.
So denke ich (und rühr in meinen Kaffee)
LG, wallenstein
*) Manchmal hilft eine kleine Provokation. Ausgelöst durch einen leichten Gefühlsaufruhr, quetscht sich das aufgewühlte Gegenüber vielleicht doch wenigstens einen Hauch von Meinung aus der Tastatur. Ist das nicht besser als gar nichts? <grumpf>