Hallo Peter,
peterwespi schrieb:
So gesehen kann man an meinen Ausführungen so viel kritisieren wie man will - eine brauchbare und den Grundregeln gerecht werdende Alternative hat bis jetzt noch niemand gebracht...
Also ich finde schon, daß diverse Leute, z.B. Verfasser von Harmonielehren, Burbat, Jungbluth etc für sich jeweils soweit brauchbare Lösungen haben. Nur daß der nächste eben eine andere brauchbare Lösung hat. Und deine ist sicher auch gut brauchbar, möglicherweise sogar besser, kann ja sein.
Der Knackpunkt ist die allgemeine Annahme von den Musikern.
Weso schrieb:
Trotzdem, meines Wissens nach ist ein Dreiklang, wenn er einigermaßen harmonisch daherkommt, also nicht etwa z.B. ein Cluster aus drei kl. Sekunden, schon ein Akkord, eine Harmonie, zwei Töne sind ein Zweiklang.
Wie bereits erwähnt: Es gibt diesbezüglich keine allseits gültige Norm in der Musik-Wissenschaft. Daher beruht das "...meines Wissens" nicht auf einer anerkannten Norm, sondern auch auf deinen bisherigen Erfahrungen und gibt (weil's ja nicht wissenschaftlich möglich ist) keine Auskunft über richtig oder falsch.
Für mich stimmt es so:
2 Töne = Zweiklang (Intervall)
Anhand zweier Töne ist ohne musikalischen Zusammenhang nicht definierbar, welches Tongeschlecht zugrunde liegt.
3 Töne = Dreiklang, bestehend aus GT - 3 - 5 (Ausnahme: sus4, statt Terz die Quarte)
Ab sofort wird mit Ausnahme des sus4 das Tongeschlecht eindeutig.
ab 4 Töne = Akkord
Ab einem Akkord ist eine Funktion möglich, ebenso ist in Bezug auf ein diatonisches Zentrum die Einteilung nach Kräften möglich.
Also ich habe jetzt auch mal gekuckt, wikipedia definiert einen akkord ehenfalls ab 3 Tönen. Das ist schon der allgemeine Sprachgebrauch.
Deine Definition hier ist so möglich, wenn man sich auf sie einigt. Vorher ist es deine persönliche Sicht. was in Ordnung ist. Aber nicht allgemeiner Sprachgebrauch.
Weso schrieb:
Das oder ein grundlegendes Problem scheint mir zu sein, daß Akkordsymbole gleichzeitig Infos darüber geben, welche Akkorde z.B. der Gitarrist tatsächlich spielt, darüber hinaus aber auch, welche Töne zusätzlich möglich sind, bis hin eben zu Skalen. Z.B. der akkord C7,#5 ich glaube, bei dir C7+. Spielt der Pianist also c, e, gis, bb. Ok, alles palletti?
Meistens ist dieser Akkord aber eigentlich als C7, b6 gedacht, d. h. die Quinte gehört richtigerweise zur Skala. Nehme ich die Akkordanweisung aber wörtlich, ist die Quinte aber schon "vergeben", also als Skalenton "falsch".
Schreibe ich nun aber C7, b6 , dann spielt ein unerfahrener Pianist vielleicht die Töne C, e, g, ab, bb in seinem Akkordvoicing, was aber für viele Situationen nicht unbedingt optimal ist. Die Sexte alleine statt der Quinte ist meist besser
Hier passieren die meisten Fehler, weil die Melodie nicht beachtet wird, respektive auch die Funktion des Akkordes im Zusammenhang. Wenn ich einen C+ schreibe, dann ist es klar, dass kein G gespielt wird. Und wenn ich ein Ab als Tension b13 will, dann schreibe ich dies auch.
Aber ich weiss (und hatte auch schon lange Diskussionen darüber), dass bei diesem Intervall grosse Meinungsunterschiede herrschen. Dabei ist's ganz einfach: Ein erhöhtes Intervall hat den Drang, noch grösser zu werden. Ein erniedrigtes Intervall will noch kleiner werden. Wenn man dies beachtet, ist die Notation klar. Was in der Grundstruktur GT - 3- 5 - 7 definiert ist, kann in den Obertönen nicht geändert werden. Wie die Harmoniker diese Chords dann spielen, ist sekundär und wenn es sie stört, dass neben der Quinte noch ein b13 vorhanden ist, dann können sie die Quinte ja weglassen.
Und wenn ich als Arrangeur in einem Cluster die Farbe C79b13 will weil's eben zur Szene passt, dann harmonisiere ich ihn auch mit Quinte z.B. Bb - C - D - E - G - Ab. Oftmals wird bei theoretischen Analysen ausser Acht gelassen, dass es schlussendlich um klingende Musik geht und dass je nach Stilistik, Einsatz, Sinn usw. eines Klanggebildes Varianten möglich sind, die anderorts weniger gut passen würden.
Naja . . .
Vielleicht habe ich deine Absicht hier falsch verstanden. Mich interessiert, ob eine neue Notationsart beim praktischen spielen Vorteile bringt, größere Klarheit.
Wenn ich je nach Stilistik wieder Hintergrundwissen brauche, also z.B., daß beim C7+ mit dem Plus je nach Stil dann meist eigentlich die b6 gemeint ist, dann habe ich keinen Vorteil gewonnen. Jedenfalls nicht in diesem Punkt. Und genau diese Art von grösserer Klarheit fände ich gut.
Wenn du ausschließlich den Akkord bezeichnen willst, dir die Umgebungstöne egal oder weniger wichtig sind, und gleichzeitig du Hintergrundwissen vorraussetzt, dann ist es natürlich ok.
Apropos: Statt b6 schreibt man besser b13, damit geübte Leser merken, dass die Tension b13 eine zusätzliche Farbe gibt.
b13 heißt für mich wieder, daß alle Optionen drunter, 7, 9,11 als Möglichkeit dabei sind, die 7 zwangsläufig.
b6 sagt, daß eben gerade die b6 dabei ist, nicht unbedingt die anderen Optionen.
Gut. der Knackpunkt ist einfach die allgemeine Annahme einer Regelung.
Ob die Regelung selbst völlig perfekt ist, scheint mir zweitrangig, solange es einigermaßen logisch ist. Vielleicht gibts hier auch gar keine Perfektion.
Jedenfalls ist es netter und einfacher, wenn zwei Musiker unter C+ einen übermäßigen Durdreiklang verstehen und nicht einer von beiden dies für einen Durdreiklang hält wegen dem Plus in Unterschied zum - für Moll.
Habe ich schon erlebt.
Ich möchte nochmal sagen, daß ich es prinzipiell gut finde, wenn sich jemand da Gedanken zu macht. Daß da dann andere Sichten zu kommen können, ist ja klar.
Insofern bitte ich dies als konstruktive Anmerkungen zu werten, verehrtester Peter.
Beste Grüße
Werner