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THEMA: Kurzer Text über 'es'

Kurzer Text über 'es' 20 Nov 2010 14:41 #96450

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‘Es’ ist leider nicht immer da, also das, was uns antreibt, beflügelt, inspiriert, machen und tun lässt. Manchmal is 'es' wohl auch einfach woanders unterwegs.‘Es’ kann auch gar nicht viel machen, wenn da noch nicht mal ein Stück Papier, eine Sichtweise, ein Instrument oder anderes Material vorhanden ist. Will sagen, es ist immer beides nötig: eine Anlage und eine Inspiration.

Eine C-Dur-Tonleiter ist keine Kunst, aber wenn ‘es’ mich überkommt, kann es sich in C-Dur nicht zeigen, wenn C-Dur nicht in meinen Fingern ist. Wenn du nicht weißt, was zwei verschiedene Aquarellfarben miteinander machen, dann kannst du zufällig ein feines Bild malen und ‘es’ entdecken, ‘es’ hat aber nicht durch dich hindurch gewirkt.

Das Erlernen des Handwerks ist also unabdingbar, ebenso wie die Kreativität. Und beide spielen ein immer währendes Wechselspiel. Sie mäandern fröhlich um die Wette und immer wieder stößt man an seine Grenzen, mal, weil einem nichts einfällt, mal, weil man es nicht umsetzen kann. Dieses Gefühl der Inspirationslosigkeit oder technischen Unfähigkeit ist immer gleich stark, egal ob man gerade eine Sache angefangen hat oder ob man die Kunst professionell betreibt. Gefühlsmäßig bleibt man also stehen. Dass sich Handwerk und Inspiration auf ein immer höheres Niveau hangeln, ist körperlich nicht wahrnehmbar, kann im Grunde nur geistig nachvollzogen werden.

Der Wunsch vieler Anfänger: ‘irgend wann will ich mal so spielen wie der und der’ kann sich zwar erfüllen, wenn es aber so weit ist, wird der Prozess nicht als Glückszustand erlebt. Sicher ist es gut, wenn der Blick auf die Vorbilder gerichtet ist und der Ehrgeiz unter den Nägeln brennt. Trotzdem sollte das künstlerische Tun einen im Moment erfüllen. Egal, wo man mit seiner Kunst steht, der Akt des Schaffens wird nicht befriedigender, je besser man wird.

Schöpfen ist ein stetiger Prozess ohne Anfang und ohne Ende.
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Kurzer Text über 'es' 20 Nov 2010 16:33 #96453

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Moin!


Bezüglich des Handwerks (hämmern, schrauben, bohren, oder musizieren nach Vorlage) an sich, stimme ich zu!

Bei Kunst ist eine Differenzierung wichtig!

Die heutige Professionalität der Kunst macht die Kunst zur Bestellung auf Abruf, und das ist wieder eine Marktgeschichte!
Wirkliche Kunst ist unbezahlbar!

Ich glaube an das Verborgene ….unentdecktes Land.

Der Mensch ist bedauerlicher Weise mit unterbewussten Dingen ausgestattet, die er/sie nur zu selten abruft, ergründet!

Wenn ich ein Saxsolo spiele (ohne Noten!) und es ist aus meinem Gefühl heraus gelungen, dann fragt nur der erlernte „Noten Soldat“ nach falsch oder richtig!

Der „Soldat“ fragt nach Schema, nach exerzieren, nach ständiger Wiederholung,….die Kunst hat kein Schema, sie ist und bleibt Unentdecktes Land.

Sozusagen ist Kunst ein „Kolumbus“!

Der einzelne Ton der euch mit Befriedigung erfüllt, genau in dem Moment wo er identisch zu eurem Gefühl entsteht z.B.,……so verstehe ich musikalische Kunst!

Viele spielen ganz schnell viele Noten (steht so auf dem Blatt),…….Be Bop ist Kunst gewesen als es entstand, heute nur ein Nachmachen!

Ein Künstler ist ein Original, macht etwas Neues,….egal ob es gefällt in dem Moment.

Man ist der erneuten Schaffenskraft (dem „Kolumbus“) verpflichtet, und nicht dem Erkennungswert!

Natürlich bedient man sich Handwerkszeug um Kunst entstehen zu lassen, aber man sollte genau unterscheiden wann und in welchem Moment Kunst entsteht!

Richtig, das passiert nicht ständig!

Alles andere ist gutes Handwerk!


LG Hans
Letzte Änderung: 20 Nov 2010 16:33 von hwp.
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Kurzer Text über 'es' 20 Nov 2010 23:40 #96461

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Sehr schön!
Ich habe mich in letzter zeit NOCH intensiver als je zuvor auseinander gesetzt, unter anderem mit dem erstklassigen Buch von Wynton Marsalis "Jazz, Mein leben"
Vielleicht werde ich demnächst ein längeren Text dazu verfassen, aber vorerst wollte ich nur dir zu dieser Aussage gratulieren, wenn das nur einige musiker an meinem Konse verstehen würden......
Viele spielen ganz schnell viele Noten (steht so auf dem Blatt),…….Be Bop ist Kunst gewesen als es entstand, heute nur ein Nachmachen!
Thanks and regards
PD
I have won several prizes as the world's slowest alto player, as well as a special award in 1961 for quietness.(Paul Desmond)
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Kurzer Text über 'es' 20 Nov 2010 23:58 #96462

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mal so gesehn,...

Kunst kommt vom Verkünden; -

wortlos, sprachlos, lost in translation,
brabeln,kauderwelsch,tacheles,
geseufzt, gestöhnt, geschrien,
Phrase, Parole,Parodie, Poesie,
Lautmalerei,...

was soll ich sagen,
da geht Einiges, in dem Sinne

Sax is my voice.

LG Benno
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Kurzer Text über 'es' 21 Nov 2010 08:54 #96466

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pue schrieb:

Der Wunsch vieler Anfänger: ‘irgend wann will ich mal so spielen wie der und der’ kann sich zwar erfüllen, wenn es aber so weit ist, wird der Prozess nicht als Glückszustand erlebt. Sicher ist es gut, wenn der Blick auf die Vorbilder gerichtet ist und der Ehrgeiz unter den Nägeln brennt. Trotzdem sollte das künstlerische Tun einen im Moment erfüllen. Egal, wo man mit seiner Kunst steht, der Akt des Schaffens wird nicht befriedigender, je besser man wird.

Ja, diese Worte sprechen mir aus der Seele! Ich stehe ja auch am Anfang, spiele nun seit neun Monaten. Ein kompetentes Urteil über das Saxophon spielen steht mir natürlich noch nicht zu. Aber ich habe in dieser Zeit schon für mich gespürt, dass es wichtig ist, welches Verhältnis ich zum Instrument einnehme. Ich kann das so kaum beschreiben. Wenn ich spiele und ich einen guten Tag erwische, dann höre ich gewissermaßen in mir selber etwas klingen und ich entwickele schon eine gewissermaßen naive Freude an den Tönen und das füllt mich total aus. Ich hoffe natürlich, dass mir eine Entwicklung gelingt, ich möchte da aber nicht mit einem brennenden Ehrgeiz heran, sondern ich möchte so gesehen eine Identität mit dem Sax spüren, egal wo ich mich gerade befinde. Bis jetzt jedenfalls habe ich es keine Sekunde bereut!
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Kurzer Text über 'es' 21 Nov 2010 10:08 #96469

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Trotzdem sollte das künstlerische Tun einen im Moment erfüllen. Egal, wo man mit seiner Kunst steht, der Akt des Schaffens wird nicht befriedigender, je besser man wird.


Sehr richtig.

Corcovado hat das ganze mal in einem Post noch mit dem Element der "Präsenz" ergänzt. Das es beim spielen wichtig ist ganz bei der Sache zu sein, und sich nicht ablenken lässt von Gedanken an z.B. den zukünftigen Applaus oder anderes. Also auch hier finden wir den "Moment" wieder.
Das hat mir sehr geholfen, ist aber immer wieder schwierig. Den Alltag und alles andere loszulassen und ganz in dem zu sein, was man gerade musiziert.
Think of Ray Charles and you think of sunglasses at night!
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Kurzer Text über 'es' 21 Nov 2010 22:45 #96493

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Hi,
und ich entwickele schon eine gewissermaßen naive Freude an den Tönen

für solche Sätze bin ich wirklich dankbar. :)

diese Freude ist weder naiv noch das Gegenteil davon. Es wird (hoffentlich) nicht anders, wenn man mehr und besser spielt. Es fühlt sich einfach richtig an, wenn man das Instrument in Hand und Mund hat. Das sollte man sich und das wird man sich bewahren, wenn man liebt, was man tut. Und man liebt, was man tut, weil es sich gut und richtig anfühlt. Eine Feedback-Schleife. ;)
next time you see me...
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Kurzer Text über 'es' 23 Nov 2010 22:59 #96547

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Sehr guter thread hier!

Musik, so wie andere schöpferische Ausdrucksformen auch, bedeutet Glücklich sein!

Klar... gelingt nicht immer :dry:
Wenn 'es' aber oft gelingt... dann ist man auf nem guten Weg.

Die Anzahl der Töne, oder die Geschwindigkeit, ist dabei völlig nebensächlich.
Jeder Ton der intensiv gefühlt und gespielt wird bedeutet Glück.
Das gilt für den Spieler in jedem Fall und für manchen im Publikum sicher auch. Bezeichne ich gerne als das Gesetz der (Seelen)Resonanz.

Das gute Gefühl zählt, sonst nichts!
Nur so wird man überhaupt etwas erzählen können auf seinem Instrument.

Joe Zawinul hat mal, wenn ich mich recht erinnere, bei einem Interview auf die Frage was für ihn Perfektion bedeutet mit herrlich wienerischem Akzent geantwortet: "ja wos is Perfektion... a guats Gefüel beim spuin, dös is Perfektion"

Klasse Antwort, und Recht hat er!

In diesem Sinne, geht an Eure Instrumente und habt viel Spass :)
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Kurzer Text über 'es' 24 Nov 2010 15:57 #96557

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Ja, feine Gedanken.

Was mir in den Überlegungen etwas zu kurz kommt und was der Threadtitel vielleicht auch nicht direkt impliziert, ist das Wechselspiel zwischen Intuition, Kreativität, dem Schöpfen auf der einen Seite und dem Handwerkszeug auf der anderen. Ersteres nannte ich der Einfachheit halber 'es'.

Mir ging es in meinem Text nun darum, was 'es' für Ausgangsvorraussetzungen braucht, um überhaupt durch uns zu erscheinen. Wie beim Malen braucht es Gerät und Technik. Ein Saxophon haben wir alle, bleibt also die Technik, das Instrument zu bedienen.

Im besten Falle fallen das Lernen und Spielen eines Instrumentes zusammen. Wie ein Kind die Muttersprache lernt, so könnten auch wir Saxophon spielen lernen, wenn Instrument und Musik ständig um uns wären. Die Kinder auf den Straßen von Rio de Janeiro haben von Geburt an mehr Rhythmus im Blut als ein durchschnittlicher deutscher Musiker. Und sie 'lernen' das Spiel nicht, sie sind es.

Nun wird kaum einer in der komfortablen Situation sein, dass ihm das Saxspielen derart in die Wiege gelegt worden ist. Also schaffen wir uns die Technik mehr oder weniger mühsam drauf.

Das Üben, also die Aneignung der Technik, ist getrennt vom Spielen. Das ist eine, um mit Pedros Worten zu sprechen, nicht immer glückliche Konstellation.

Desto weniger wir spielen, umso mehr müssen wir üben. Gelingt es, das Üben näher an das Spielen heran zu führen, ist viel gewonnen. Das möglichst frühe Zusammenspiel mit anderen im Duo oder in größeren Gruppen z.B. schafft einen weiteren Vorteil. Das Greifen von Tonleitern im Zusammenhang mit konkreten Stücken zu üben, lässt es weniger abstrakt erscheinen.

Ich hatte Schüler, denen es nicht schwer fiel, trockene Longtoneübungen und Arpeggien zu üben. Sie hatten gerade daran ihren Spass. Ich hatte den Eindruck, dass sie zwar das Üben recht gut gelernt haben, dem Spielen, der kreativen Umsetzung dessen aber nicht näher kamen.

Ja, man kann den schöpferischen Akt außen vor lassen und trotzdem Töne blasen. Es entsteht dann nur keine Kunst, kein Glück, keine Seelenresonanz.

Ich plädiere dafür, 'es' mehr in den Vordergrund zu stellen und dann dafür zu sorgen, seine Bedürfnisse, seinen Hunger nach Technik zu stillen.

Oft höre ich den Satz: 'wenn ich lange genug übe, werde ich eines Tages gut spielen'. Den empfinde ich als fatal, weil mit dem Üben die Ansprüche an das 'gute Spiel' wachsen, man also immer dem Glück hinterher rennt und somit nie zum Spielen gelangt.

Schauspieler nennen es probieren, wenn sie ein Stück einstudieren. Das gefällt mir ganz gut, weil erst einmal die Idee da ist und man im zweiten Schritt probiert, die Idee umzusetzen. Der Geist, 'es', bestimmt die Technik, die dafür angewendet und wenn nötig, natürlich gelernt werden will.
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Kurzer Text über 'es' 24 Nov 2010 16:22 #96558

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Ist "es" nicht die Inspiration, die sich verschiedenster Quellen bedient?
"Es" ist dein Saxophon, dem du ein Klang entlockst, der dich vorantreibt. "Es" ist dein Lieblingssaxophonist, dessen Klang- und Spielidee du zu begreifen beginnst. "Es" ist die Spiel- oder Bühnensituation, in die du dich verliebt hast. "Es" ist vielleicht einfach nur ein Klang, der dir schon lange im Kopf 'rumgeistert und dem du jeden Tag ein bißchen näher kommen möchtest ...
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