Gestern fand in Hengelo der Erste Saxofoondag statt, über den ich kurz berichten möchte.
Mit über 130 Anmeldungen hatte der Erste Saxophoondag in Hengelo den Ersten Saxophoondag in Arnheim noch toppen können. Dabei war es für die "Muziekschool Hengelo" ihr erster Saxophoondag, wie Willem van Merwijk vom ArtEZ Arnheim betonte, die Saxofoondagen haben keinen nationalen Bezug, sondern werden von den Musikschulen einzeln ausgerichtet.
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Link zur Muziekschool Hengelo
An keiner Stelle kam es gestern in dem übervollen Haus zu Engpässen, vom ersten "Einchecken", über das gemeinsame Einstudieren eines Stücks ("Holiday") bis zum Abschlusskonzert lief alles wie am Schnürchen und das Ganze dermaßen angenehm unaufdringlich, dass man sich gleichsam als Gast, wie auch als Mitwirkende fühlte, dabei ebenso die Räumlichkeiten der Musikschule in Augenschein nehmen konnte und auch Zeit hatte, mit den Dozent/innen ein "gezellig" Schwätzchen führen.
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Mega Saxofoon Ensemble aller Teilnehmenden
Der Saxophoondag lebte von seiner guten Vorbereitung, Planung und Organisation. So musste man stets einen Blick auf den Stundenplan werfen, es gab Gruppenveranstaltungen, Seminare, Proben und etliche Aufführungen. Zu allem war man eingeteilt, irgendwie, irgendwo oder man hatte Freizeit -- kurzum, jede/r musste selbst gucken, wie, und wo, und wenn ja, wohin -- mit oder ohne Kanne!
Siehe
Wie, wat en waar!
Offensichtlich waren bei der Planung Alter oder Spielkönnen zu Ensemble-Gruppen zusammengewürfelt worden, denen man Namen wie "Sopranino", "Alto" oder "Tenor" verpasst hatte, was sehr irreführend war, denn im Vorfeld galt es Noten aus dem Internet downzuloaden und einzustudieren. So hatten wir drei Altos aus Duisburg "La Bamba" geübt (so gut man das eben kann, wenn man in einer Bigband die xte Stimme spielt). Doch als wir heute in "unsere" Gruppe kamen, wurde "Pink Panther" hervorgezaubert. Das lag daran, dass die Zuordnung der Gruppen nicht den Instrumenten entsprach und das habe ich beim Download der Noten übersehen.
Den Panther hatten wir im Ohr, zwar, aber beileibe nicht in den Fingern. Prompt ging die Sache gehörig ins Höschen. Die zweite Oberstimme mit dem Thema (wir!) war nur wenig herauszuhören. Ich gestehe: Es war mein erster Panther.
Wir haben dann freiwillig gemeinsam mit der Dozentin ein weiteres Übungsründchen eingelegt, aber konzertreif war das nach einer Stunde beileibe nicht. Na ja, dachten wir, wenn am Nachmittag noch vor dem Auftritt eine letzte Probe kommt, kann das irgendwie gehen ...
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Saxofoontechnik, Willem van Merwijk
Das Lunchkonzert wurde von den StudentInnen des ArtEZ und der Hogeschool voor de Kunsten Utrecht bestritten, und da muss ich einmal sagen, dass dies der musikalische Höhepunkt des Tages war. Wirklich. Wirklich schön, was wir hier zu Ohren bekamen!
Leider war die Zuhörerschaft sehr unruhig -- es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Lunchkonzert. Allerorts gab es Papierrascheln, Scharren, Schwatzen und Mümmeln, ich glaube, das wäre bei uns in Deutschland nicht möglich gewesen: Hochkonzentrierte musikalische Darbietung in Kantinenraumatmosphäre. Doch der Stundenplan ließ auch keine weiteren Freiräume, so haben wie ebenfalls die freien Minuten genutzt und unser Proviant ausgepackt und dem musikalischen Hochgenuss mit Schnittchen und Obst beigewohnt.
Fährt man übrigens mit dem Pkw nach Hengelo, stechen während der Einfahrt in den Ort als erstes vier himmelhohe Kirchtürme ins Auge, zwei alte, zwei moderne. Alle vier stehen auf einer Fluchtlinie, alle vier haben eine Uhr, alle vier einen Wetterhahn (die Uhren laufen synchron, die Hähne nicht), doch am meisten Charme hat eine -- die Römisch-Katholische mit Holzaufbau und klassizistischem Säulenfuß.
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Muziekschool Hengelo
Eben diese Kirche ist nicht mehr. Nicht mehr in Betrieb. Sie ist heute Teil der Musikschule Hengelo. Die Musikschule wurde darangebaut, hinein- und drumherumgebaut, und so haben wir am Mittag oben auf der Kirchenempore gesessen und der Musik unten auf dem Altar gelauscht.
Kinder gab es viele. Laufende Meter mit Sax, mit Spaß in den Backen und einer -- ja, im Alter meines Sohnes, spielte sogar Bari-Sax! Sie alle hatten nicht diese verklärte "Jugend-Musiziert-und-sucht-den Superstar-Mimik", sie waren weder strebsam, noch Null-Bock-abgeturnt, wie das bei uns in der Musikschule eigentlich häufig zu beobachten ist (weil Kinder die hiesige Musikschule ebenso nervig findem wie die "echte", vermute ich) nein, diese Kinder waren sehr präsent, sie haben sich interessiert, sie hatten ihren Spaß, saßen ebenso dabei in den Vorträgen, wurden mit einbezogen, durften sich aber auch am Treppengelände versammeln, um in den Pausen Nintendo DS spielen.
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Lunchkonzert ArtEZ/HKU Saxophone Orchester
Stress gab es auf diesem Saxofoondag keinen. Dabei denke ich an die vielen unangenehmen Situationen, in unsereins sich vorgeführt hätte vorkommen können -- etwa bei Willem van Merwijks Frage:
"Wie halte ich das Saxophon richtig?", seine Frage ging an die Zuhörerschaft und jemand Beliebiges wurde herausgepickt, um zu demonstrieren, dass die Körperhaltung am Sax nichtimmer richtig ist. Auf einen gerade Rücken wurde Wert gelegt, auf das richtige Anwinkeln der Finger und des Ellbogen und dabei gab es niemanden, dem bei dieser Demonstration etwas peinlich war, der sich geziert hätte - etwa, wenn es darum ging, eine Ton nach Gejör am Instrument zu greifen, eine Phrase nachzuspielen, eine kleine Improvisation zum Besten zu geben oder sich mit der Anfängerfrage zu blamieren. Hier in Hengelo, wo an diesem Tag aus ganz Holland die Saxophonist/innen angereist kamen, waren alle "per du", waren alle "wer" -- ohne sich auszustellen.
Merwijk zeigte uns neben der richtigen Körperhaltung
einige "Special Effects" (Slaps, Growls, Sub- und Hightones) und nach seinem Vortrag juckte es uns arg in den Hörnern, selbst ein wenig zu spielen. Wir zogen uns in einen der Unterrichtsräume zurück und spielten ein wenig "dies und das" und genossen den vollen Raumklang, die Leichtigkeit des Mobiliars, angefangen von dem freundlich-natürlichen Raumlicht bis zu den einfach genialen Notenpulten. Dazu wirkte alles frisch, unverbraucht, leicht und inspirierend.
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Foyer, hinten rechts sieht man den Anbau zur Kirche
Den ganzen Tag präsentierte sich im Foyer ein Rahmenprogramm -- kleine Aufführungen verschiedener Ensembles, manchmal Kinder, die unverkrampft versuchten Klassik zu spielen, aber auch Erwachsene in Profiensembles -- Klassik, Blues, Jazz, alles war dabei und wenn auch das Wetter draußen mit Eisregen und wolkenbehangenem Himmel eher unfreundlich war, verströmte das großzügige Ambiente im Inneren der Musikschule eine Steh- und Straßencafe-Stimmung, die leicht mediterran angehaucht und voll guter Laune war.
Nach den Vorträgen kamen wir mit den Instrumenten zurück in die Kirche, bzw, auf die Bühne. Dort wurden die Ensembles einzeln aufgerufen, es sollte ein Abschlusskonzert geben. Schluck! Wir hätten unserer Dozentin gerne einen formvollendeten Pink Panther hingelegt -- mit Anschleichen, Umschauen, Juwelenklau und dramaturgischem Höhepunkt, aber dazu hätten wir definitiv mehr Üben müssen. Man kann auch nicht sagen, dass wir nervös waren, sogar vor Publikum auf der Bühne hatte die holländische easy-go-Atmosphäre bereits abgefärbt und das kameradschaftliche und freundschaftliche Miteinander führte uns weit weg von unserem deutschen Leistungs- und Versagensstress. Aber es war einfach nicht mehr drin: in unserer Stimme, der zweiten, dem Panther, die das Thema trägt, gab es kein Leben.
Falls das jemand youtubt, so dachten wird später, wird dieser
Panthereine eine sehr eigenwillig "Auf-der-Kartoffelnote-waren-wir-wieder-da-Interpretation" sein.
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Unterrichtsraum von innen, Verkaufsstand
Den Abschluss gab das Kollektiv selbst, und das waren wieder - wir! Ja dieses Mal alle zusammen im Kirchenschiff. Da hatten wir unser Holiday-Stück vom Morgen jetzt vorzutragen.Oh Gott, wie ging das gleich? So richtig präsent war das nicht mehr, aber in einem Flow von 130 begeisterten SaxofonistInnen, die zuvor alle auf der Bühne gestanden haben -- easy go, easy Spaß, easy ... Applaus -- ah, das hat was!
Der Erste Saxofoondag in Hengelo hat einen schönen Abschluss gefunden. Er hatte mit dem ersten Saxofoondag in Arnheim nicht viel gemein, aber das musste auch nicht. Der erste war privater, auch waren wir deutschen Anrainer stärker präsent (Nadja und wir drei Duisburgerinnen waren die einzigen Deutschen gestern), dafür gab es hier mehr "Seminarbetrieb", es passierte mehr in Gruppen, dadurch wirkte der Tag gefüllter. Dieses Mal waren auch "Kommerzielle" dabei -- auf den Etagen der Musikschule gab es etliches Verkaufsstände zu beschauen.
Ketzerisch habe ich heute in den Raum gestellt, dass es gar nicht schlimm ist, wenn die Duisburger Musikschule schließen muss, denn seit Hengelo habe ich keine Lust mehr auf das dunkle Unterrichtsgebäude, die altbackene Technik und das Gefühl, dass Kunst gleichzusetzen mit Fleiß und nicht mit Spaß ist.
Für uns "Mittelalter", die wir erst mit etwa Vierzig angefangen haben Sax zu tuten, haben auch die Holländer heute ein gutes Vorbild gegeben: da waren alte Herrschaften jenseits der Siebzig noch rüstig dabei, man spürte, sie saßen mit den Jungen im selben Boot und auch zwischen Könnern und Amateuren wurde nicht ein einziges Mal unterschieden.
Ich möchte sagen, es war ein runder Tag, ein schöner Tag, wir haben Einiges mitnehmen können. Danke an alle, die mitgewirkt haben. Ja, das waren wir, ich weiß, und das ist ein gutes Gefühl, aber trotzdem einmal von dieser Stelle einen besonderen Dank auch an die Veranstalter!
Schöne Grüße und allen einen schönen Sonntag,
wünscht wallenstein