SanDo,
ja, ich war letzte Woche für vier Tage in Berlin. Zum Glück hatte ich nicht mein Tenor mitgenommen, sondern mich auf dem Alt versucht. Berlin ist groß und die Kofferschlepperei ist doch ganz schön ermüdend. Das Wichtigste zuerst: Geld verdienen kann man (zumindest im November)in Berlin als Strassenmusiker nicht. Es reicht noch nicht einmal, um die Fahrtkosten und Übernachtung zu decken. Dummerweise bin ich trotz Erkältung hingefahren, so dass ich nur zwei, drei Stündchen gespielt habe. Letzten Freitag Abend stand ich zum Beispiel an der Ecke Unter den Linden/Friedrichstraße unter freiem Himmel und habe mir sechs Euro erspielt. Ein Dudelsackpfeifer in auffälliger Tracht hatte ein paar Euro mehr drin, aber auch nicht so viel, dass sich irgendeine Investition lohnen würde. Interessant fand ich, dass die allermeisten Leute Kleinstbeträge spendeten, dann plötzlich ein einzelner ein Zwei-Euro-Stück.
Der Tipp mit der BVG und dem Spielen in der U-Bahn war ein totaler Reinfall. Für den Standplatz habe ich 6,40 Euro/Tag abgedrückt - eingenommen zwischen zwei und drei Euro die Stunde. Nach zwei Stunden hatte ich die Schnauze voll und mir lieber Berlin angeschaut. Berliner U-Bahnen sind wirklich ungemütlich im November. Es zieht wie Hechtsuppe, der Sound ist besch.... Und man kann auch nicht erwarten, dass die vorbeihetzenden, von der U-Bahn ausgespuckten Leute viel geben, wenn Sie dir im Vorbeigehen höchstens zwanzig Sekunden lang zuhören können. Außerdem weiß man ohne Ortskenntnis gar nicht, welche von den schlechten Standorten die besten sind.
Auf dem Alexanderplatz habe ich einen sehr guten Sänger und Gitarristen gehört. Der wurde nach etwa zwanzig Minuten von der Stasi des Feldes verwiesen, musste aber keine Strafe zahlen oder so. Er meinte zu mir, Heerscharen von Musikern aus dem Osten (die mit den Quetschkommoden und Balalaikas) hätte die Anrainer so genervt, dass man in Berlin jetzt einigermaßen rigoros gegen Strassenmusiker vorgehe. Ich selbst bin allerdings nicht kontrolliert worden.
Spaß gemacht hat's trotzdem. Das nächste Mal versuche ich's im Sommer und bereite auch nicht dreißig Stücke vor, sondern nur eines. Dann suche ich mir einen Fotographen und biete Schnappschuss-Polaroids mit mir, meinem Sax und dem Touri an. Wenn man so abends an der Laterne lehnt mit dem Sax um den Hals, finden das offenbar viele total fotogen und atmosphärisch. Jedenfalls bin ich noch nie so oft von wildfremden Leuten geknippst worden. Ich hätte echt Geld nehmen sollen...
Ganz unabhängig von der Geldfrage - ganz gleich, wo man vor Publikum spielt, man lernt immer viel, viel mehr als allein zu Haus. Übrigens, am 1. Dezember spiele ich irgendwo in Köln mit "B-Five" (Bluesband) ein kurzes Set - ich glaube, im "Mohnheimer Hof". Wem mein Mitgliedsfoto zu dunkel ist, der kann mich da gern nach dem Gig kennen lernen...
Ach ja, zu den unterschiedlichen Bestimmungen in verschiedenen Städten kann ich leider nichts sagen, aber PPue (danke für die Infos) hat sich dazu auch schon geäußert. Es stimmt wohl, dass die Zuhörer entspannt sein müssen und außerdem auch die Zeit haben sollten, mehr als ein paar Takte für ihr Geld hören zu können.
Falls du an Strassenmusik interessiert bist, probier's einfach mal aus. Nachher ist man immer schlauer und außerdem ist Strassenmusik ein Wundermittel gegen Lampenfieber ...
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<em>editiert von: Z-Mann, 10.11.2005, 00:02 Uhr</em><!-- end editby -->