Ich habe mir letzten Donnerstag ein "
Bauhaus-WALSTEIN Alto Saxophone - High F# - Bronze - Real Italian Leather Pads" bestellt. Inklusive Versand und korrekter Steuern knapp EUR 500,--
Gestern ist das Instrument angekommen und ich wollte Euch meine ersten Eindrücke natürlich nicht vorenthalten.
Bauhaus-Walstein Bronze Alt Sax - erster Tag
Es ist sich doch noch ausgegangen, das Paket noch knapp vor der Übungsstunde mit dem Sax Lehrer in Empfang zu nehmen.
Äußerlich hat die Schachtel einen eher beängstigenden Eindruck gemacht: Die Ecken eingedrückt, generell weich und wenig vertrauenerweckend.
Nach dem Öffnen stellte es sich aber nur als Überkarton heraus. Die eigentliche Schachtel war kleiner und durch Füllmaterial gut gepolstert. Man hat offenbar mit einer eher groben Behandlung gerechnet.
Die Innenschachtel enthält einen Synthetik-bezogenen Koffer, der leidlich stabil und brauchbar aussieht. Nichts für den Tour-Bus oder für's Fluggepäck, aber für die tägliche Aufbewahrung geeignet.
Nach dem Öffnen verströmt der Koffer einen leichten "Maschinenfabrik-Geruch", als ob kein Instrument, sondern irgendwelche Werkzeuge darin verpackt wären. Man merkt, dass das Teil "fabrikneu" ist. Das Instrument selbst und der S-Bogen sind noch einmal extra verpackt, in eine fusselfreie Netztasche und einen Plastikbeutel bzw Seidenpapier. Nach einer kurzen Begutachtung wird alles wieder eingepackt und ab zum Sax Lehrer.
Der erste optische Eindruck ist sehr gut. Blitzt und glänzt, nirgendwo Spuren von schlampiger Arbeit und auch an Stellen, wo man normalerweise nicht so genau schaut, etwa die Unterseite der Hebel, sieht alles tiptop aus.
Der S-Bogen hat die typische Yanagisawa Oktavklappe und sitzt sehr stramm im Korpus. Seeehr stramm. Ich hatte ernste Probleme dabei, das zusammenzubauen und dann später noch mehr Probleme das wieder auseinanderzunehmen. Hier muss ich heute Abend noch ein wenig nachbessern. Der Klangtrichter ist verglichen mit meinem bisherigen Instrument scheinbar ein wenig nach links geneigt. Ich werde das heute Abend noch einmal vergleichen, aber irgendwie kommt es mir definitiv anders vor. Wer weiß, das soll vielleicht für einen mehr ausgeglichenen Sound zwischen "Trichterklang" und "Klappenklang" sorgen. Vielleicht hat es auch nur mit der Balance zu tun. Das Instrument hängt jedenfalls angenehm am Gurt und ist auch angenehm anzufassen.
Laut EMail des Lieferanten wurde das Instrument vor dem Versand noch einmal geprüft und probegespielt und ist direkt aus der Box spielbar. Tatsächlich ist auch ein Mundstück samt goldfarbener Blattschraube und sogar ein Blatt unbekannter Herkunft und Stärke dabei. Das Blatt war aber auf den ersten Blick verzogen und auch das Mundstück hat keinen wirklich vertrauenerweckenden Eindruck gemacht. Die Blattschraube sieht im Vergleich zu meiner billigen "Zinner" ein wenig traurig und kraftlos aus. Ich habe den Teilen aber eine Chance gegeben und ein paar Töne geblasen... Gut, dass bei dem Preis des Instruments ein wenig Geld für ein anständiges Mundstück in der Kriegskasse geblieben ist. Es wollte mir auch nach dem Tausch des offensichtlich unbrauchbaren "Testblattes" gegen ein einwandfreies Légère nicht gefallen. Für den Rest des Abends war also mein bisher bewährtes Brilhart-Special auf dem Instrument und nächste Woche geht's ans Mundstück testen.
Die Mechanik war schon auf den ersten Blick "anders" als bei meinem Übungsinstrument (Lafleur), ich hatte den Eindruck, als wäre viel mehr Gestänge verbaut. Beim Greifen war aber (fast) alles wie gewohnt. Die Dis-Klappe läßt sich für mich leichter erreichen, die B-Klappe ist aber gegenüber meinem alten Instrument völlig anders. Da werde ich die nächsten Wochen wieder komplett umlernen müssen - genau das wurde mir gleich zu Anfang von meinem Lehrer prophezeit.
Im Gestänge finden sich jede Menge kleiner Justierschräubchen, mit denen man den Klappen Hub oder die Position der Anschlagdämpfer verstellen kann. Ich bin kein Sax-Techniker, kann also nicht genau sagen wozu man da schrauben würde. Mein Lehrer hat mich jedenfalls eindringlich ermahnt, da nicht zu drehen - das passt genau so wie es ist. Höchstens in ein paar Jahren intensiven Spielens müsste man die Abnützung der Puffer(?) damit kompensieren. Im unteren Teil, zwischen dem absteigenden Rohr und dem aufsteigenden Trichter ist noch ein extra Schutz für das Gestänge montiert, der vermutlich verhindern soll, dass die kleinen, beweglichen "Füßchen" an den Klappen von der linken Seite beschädigt werden können.
Die Federn sind etwas stramm. Ich habe aber beim Greifen kein unangenehmes Gefühl und es fühlt sich sehr gleichmäßig bei allen Fingern an. Bei meinem alten Instrument waren die Federn teilweise noch strenger und bei manchen Fingern hatte ich auch das Gefühl fester drücken zu müssen als bei anderen. Ich weiß nicht, ob ich das verständlich schreibe, beim BW kommt mir das gleichmäßiger vor.
Der Lieferant hat mir vorab in einer Email geschrieben, dass die Federn ab Werk eher etwas strenger eingestellt sind als bei den amerikanischen Instrumenten. Angeblich läßt die Spannung am Anfang ein wenig nach um sich dann auf einem geringfügig weicheren Level zu stabilisieren. Für meine Finger ist das so in Ordnung.
Vom tiefen B bis zum hohen fis haben alle Töne sauber angesprochen. Der Übergang vom c# zum d war problemlos und der Klang hat sich kaum verändert. Auch hier habe ich das Gefühl, dass der erzeugte Klang über beide Oktaven gleichmäßiger ist als bei meinem Lafleur. c, c# und das d, also die Töne um den ersten Oktavwechsel, die bei meinem alten Instrument ein wenig kraftlos klingen, gefallen mir am Bauhaus-Walstein besser. Das hohe f mit der Front-F Klappe wollte mir überhaupt nicht gelingen. Da mein Lehrer da aber einen Ton zustande bringt, liegt es wohl eher an der mangelden Übung. Die Taste selbst ist mehr eine tränenförmige Verdickung aus Messing am Ende des Hebels, nicht so wie am Lafleur, wo es eine normale runde Taste mit Einlage ist.
Wie präzise die einzelnen Töne sind, habe ich nicht gemessen, beim Spielen ist jedenfalls weder mir noch meinem Lehrer etwas unangenehm aufgefallen. Einzig die c-Triller Klappe habe ich genauer angehört, weil ich bei eben diesem Ton letzte Woche an meinem alten Gerät eine deutliche Schwäche festgestellt habe - der Ton war eindeutig zu tief. Am Bauhaus-Walstein trifft die c-Triller Klappe das normale c auch nicht genau, aber deutlich näher als am Vergleichsinstrument. Nach meinem ungeschulten Gehör ist das aber im Einsatzfall - als Triller - nicht störend. Auch am alten Instrument nicht.
Das Klangbild ist rund und angenehm. Mit einem geeigneten Mundstück werde ich das wenn möglich noch unterstützen. Ich habe natürlich meinen Lehrer gebeten, das Instrument zu spielen und seine Meinung als Profi dazu abzugeben. Er meint, es liegt ihm gut in der Hand, die Tasten sind genau dort wo sie seiner Meinung nach auch sein sollen - inklusive der $%&%$ B-Klappe. Von vorne klingt das Horn noch einmal besser als hinter dem Instrument und das liegt vermutlich zum Teil daran dass der Profi natürlich weiß was er tut. Er hat klang- und spieltechnisch keine Mängel festgestellt und würde das Instrument bedenkenlos sowohl bei seinen Band-Auftritten als auch im symphonischen Orchester verwenden. Natürlich gibt's Unterschiede zu seinem Selmer schon deshalb weil man als Profi einen Yanagisawa Klon vermutlich schwer mit einem Selmer vergleichen kann, aber nichts, was mich hindern sollte, die nächsten Jahre damit glücklich zu werden. Auch im Orchester würde er mich damit jederzeit mitspielen lassen, wenn ich mal so weit bin.
Wie das Instrument sich auf Dauer verhält wird die Zukunft weisen. Hält der Lack, die Polster und Dämpfer? Fallen Korkstückchen ab - wie schon andere BW Besitzer ab und an festgestellt haben? Die erste Übungsstunde konnte ich damit jedenfalls ohne Schwierigkeiten durchstehen.
Man darf einen einstündigen Test eines Anfängers natürlich nicht überbewerten, aber persönlich sagt mir das Instrument zu. Für knapp 500 Euro inklusive Versand habe ich nach meiner Meinung ein recht brauchbares Instrument samt Koffer erworben, das mir an mehreren Punkten spieltechnisch und klanglich deutlich besser gefällt als mein bisheriges Übungsinstrument und als Draufgabe ist es noch bildschön.