Hallo Chris,
du brauchst dich nicht bedanken, dass ich deinen Text "bis hierher" gelesen habe, das klingt in meinen Ohren seltsam. Warum sollte ich ihn nicht lesen? -- Eine gute Auseinandersetzung mit jedem, der/die meine Meinung nicht teilt ist mir lieber, als plattes Kopfnicken (oder stillschweigendes Kopfschütteln). Danke also für deine Anmerkungen
Zu der Statistik: wenn die Kriminalstatistik zeigt, dass der Ausländeranteil an Kapitalverbrechen (zu) hoch ist -- warum sollte man das weichspülen a la "ich kann mir kaum etwas fremdenfeindlicheres vorstellen als die Unterscheidung von deutschen und nicht-deutschen Verbrechern"?
Fazit wäre also, solch ein Statistik gar nicht erst zu erheben? -- Das wäre doch auch komisch, oder? Allerdings werden solche Statistiken nicht zum Spaß erhoben, sondern weil man sie für irgendetwas braucht, in der Regel, um damit Politik zu machen.
Ich gehöre nicht zu denen, die nach schärferen Ausländergesetzen schreien, vielmehr würde ich sagen, dass da etwas anderes schief gelaufen ist.
Ein Zitat aus Khalil Gibrans "Der Prophet:"
Wie ein einzelnes Blatt
nicht ohne das stille Wissen
des ganzen Baumes vergilbt,
so kann auch der Übeltäter kein Unrecht tun
ohne den verborgenen Willen von euch allen.
Und wenn einer von euch fällt,
fällt er für die hinter ihm
– eine Warnung vor dem Stolperstein.
Ja, und er fällt für die vor ihm, die,
obgleich schneller uns sicherer im Schritt,
den Stein des Anstoßes nicht entfernten.
Man könnte eine Statistik konstruktiv nutzen. Zum Beispiel, um zu gucken, welche Länder einen ebenso hohen Ausländeranteil haben und (falls dort weniger Kriminalität durch Ausländer vorkommt) überprüfen, welche Integrationspolitik dort betrieben wird -- vorausgesetzt, man wollte dieses Problem überhaupt lösen. Doch den Menschen vorzugaukeln, es gäbe kein Problem, finde ich gefährlich.
Deine Aussage "Warum erfahren wir nicht, wieviele der Gewalttäter blond, Automechaniker, Männer unter 1,65m oder Weißweintrinker sind?" empfinde ich als Polemik. Wären wirklich -- sagen wir einmal ein sehr hoher Anteil aller Verbrecher blond, Automechaniker, etc., stellte das uns vor ein Problem, dem man nachgehen sollte, nicht nur aus wissenschaftlicher Neugier.
Du fragst: "Ausländerfeindlichkeit beginnt lange vor Gewalttaten. Aber wo?"
Genau das ist spannend und genau deswegen hatte ich Gibran zitiert. Meines Erachtens sind die Menschen nicht ausländerfeindlich, sondern sie haben Angst allem Fremden gegenüber. Aus dem Grund ist man generell geneigt, alles in einem überschaubaren, geregelten Rahmen zu halten. Ob im Privaten, der Familie, einem noch größeren gesellschaftlichen Kontext wie einem Staat oder sogar in einem Forum wie diesem: wo mehr als zwei Menschen zusammenkommen, bemüht man sich um Konsens. Warum?
Nehmen wir als Beispiel Nadjas Aussage oben:
1. ab dem 1. september 2008 mache ich mir gedanken über den saxwelt-adventkalender
Wo war sie am 1. September 2007, frage ich mich und was war verkehrt am Saxwelt-2007-Adventskalender? -- Für mich als Außenstehende liest es sich fast wie ein Aufruf: liebe Saxweltler lasst uns im nächsten Kalender dafür sorgen, dass uns derart Fremdes nicht erneut widerfährt.
Ich weiß, ich habe jetzt einiges hineininterpretiert (und ich spüre schon jetzt beim Schreiben eure innere Entrüstung), aber warum kann man nicht sagen: alles in allem eine schöne Diskussion, die wir dieser Geschichte zu verdanken haben?
Dieses ständige Bemühen um Konsens (so sehe ich es) schafft den idealen Boden für Fremdenfeindlichkeit.
philosophische Grüße von
wallenstein