Lieber Leon,
ich habe mir überlegt, wie die gleiche Geschichte wohl klingen könnte, wenn man auf die beißende Satire verzichtet. Das könnte sich dann vielleicht so oder so ähnlich lesen:
Hallo Freunde des Saxophons,
lange Jahre, habe ich meinen lieblings Jazzern nur zugehört, wobei ich mir gewünscht habe, eines Tages mit dem Saxophon das eine oder andere Stück selbst spielen zu können. Nun habe ich mir ein Herz gefaßt und möchte diesen Wunsch endlich verwirklichen.
Da ich leider abseits der Großstädte wohne, habe ich bislang noch kein Glück dabei gehabt, einen Lehrer für dieses Instrument aufzutreiben. Der wird sich aber hoffentlich noch finden. Ich habe leider auch keinen Bekannten oder Verwandten, der mir hier weiterhelfen kann, deshalb bin ich unsicher, wie ich das am Besten anfange.
Die Anzahl an Instrumenten und Zubehör ist schier unvorstellbar. Da ich in diesem Forum schon einige Zeit interessiert mitlese, scheint mir die Auswahl der Komponenten absolut entscheidend für den späteren Erfolg oder Misserfolg. Das beunruhigt mich sehr, denn wenn ich möglicherweise das falsche Instrument zum Üben aussuche, komme ich überhaupt nicht weiter und verzweifle so, dass ich es aufgeben muss.
Eure kompetenten Diskussionen darüber, dass die falsche Blattschraube, das verkehrte Mundstück oder auch nur ein ungeeignetes Blatt den Ton so ruinieren kann, dass ein Spielen völlig unmöglich ist, verunsichert mich stark. Sogar bei den richtigen Komponenten ist es offenbar wichtig wie die Blätter vorbehandelt, gepflegt und gelagert werden, anderenfalls kommt offenbar kein brauchbarer Ton aus dem Instrument.
Gibt es so etwas wie ein "Standard Setup für Einsteiger"? Es muss keine Konzertqualität aufweisen, aber es sollte gutmütig reagieren, Anfängerfehler nicht zu krumm nehmen und auch später noch Freude bereiten. Die Investitionen in Instrument und Ausbildung sind durchaus nicht zu vernachlässigen. Die Nerven von Familienmitgliedern und Nachbarn werden bei dieser Prozedur über viele Monate ebenfalls erheblichen Belastungen ausgesetzt sein. Man riskiert also schon einiges.
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Kann sich noch jemand von den Weisen erinnern, wie es damals war, als sie selbst angefangen haben? Sind meine verkrampften Finger ein allgemeines Problem? Würde bitte jemand so nett sein und mir versichern, dass sie selbst auch nach 3 Monaten noch keine anständige chromatische Tonleiter gespielt haben, oder bin ich wirklich so eine unmusikalische Pflaume, dass ich es besser gleich bleiben lasse?
Ich will kein Berufsmusiker werden und muss meine Übungszeit mit Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Da bleibt pro Tage nicht so viel übrig. Hat jemand einen Tip, wie man in dieser Zeit effizient übt?
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Viele Liebe Grüße
der Fragensteller
In der Tat finde ich mich in dieser Version der Geschichte wieder. Ich denke auch, dass ich hier nicht der einzige bin, immerhin ist das ja ein
Anfänger Bereich.
Die Konzertbläser sind längst mit Lehrern und Ausbildung versorgt. Die Jazz Freunde sind durchwegs über 40. Wer hier neu einsteigt und ein Instrument von null auf lernen möchte stellt möglicherweise mehr Fragen als notwendig, verwirrt durch die technischen Diskussionen um das Material. Ich würde aber einmal davon ausgehen, dass die meisten Fragesteller keine kompletten Idioten sind, sondern Personen, die auch sonst im Leben gewohnt sind Informationen einzuholen, Risiken zu minimieren und Entscheidungen zu treffen die sie selbst und Andere betreffen.
Aber wozu überhaupt ein Forum, wenn man als Anfänger keine dummen Fragen stellen darf? Die meinen es im Allgemeinen doch nicht als Beleidigung für die Elite, wenn sie "völlig offensichtliche" Dinge immer wieder fragen, oder aus Unwissenheit Fehler machen.
Wenn das nur eine Diskussion von Profis für Profis sein soll, was durchaus legitim ist, dann würde ich vorschagen den Anfänger Bereich generell zu kübeln und als Einstiegshürde für den Zugang zum Forum das Diplom einer renommierten Musikhochschule vorweisen zu müssen. Die Anfänger suchen sich dann anderswo Hilfe und belästigen die "echten" Musiker nicht mehr. Das würden aber die Forum Betreiber bestimmen müssen, nicht die User.
Ich habe jedenfalls auf meine Anfänger Fragen - so idiotisch sie auch für manche sein müssen - hier und in anderen Foren immer kompetente, freundliche und rasche Antworten bekommen. Das schöne an so einer öffentlichen Runde ist eben, dass man NICHT zurück schreiben muss, wenn man nicht möchte. Man muss auch nicht lesen, was einen nicht interessiert. Es findet sich trotzdem immer jemand, der gerne hilft.
Die Gefühle, Die Du in Deinem Beitrag durchblicken lässt findet man häufig in Internet Foren, gerade bei Teilnehmern die schon eine Weile dabei sind und in der Vergangenheit immer wieder Anfängern mit den ewig gleichen Problemen geholfen haben. Während das für jeden einzelnen Fragesteller neu und wichtig ist, kommt es Dir wahrscheinlich vor, gegen Windmühlen zu kämpfen. Die immer größer werdenden Scharen an unwissenden Noobs, unfähig selbst zu denken oder die Suchfunktion zu benutzen, saugen einem das letzte Quäntchen Hilfsbereitschaft aus wie Vampire. Das nennt sich Burn-Out-Syndrom.
Möglicherweise hilft es Dir, wenn Du einige Zeit auf das Lesen der Anfänger-Bereiche verzichtest, bis Du Deine innere Ruhe und Kraft wieder gefunden hast. Überlasse das Betreuen der "Kinderkrippe" eine Zeit lang denen, die noch genug Nerven haben. Du bist doch selbst interessierter Musiker, sonst würdest Du nicht hier schreiben. Im Grunde ist es sowieso idiotisch, über eine kreative, musikalische Tätigkeit zu
schreiben, anstatt den Computer abzudrehen und zu
spielen.
Entspann Dich doch mal. :-s
Viele liebe Grüße,
ein blutiger Anfänger