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pue
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Harmonisches und melodisches Moll
Der Gitarrist auf dem Video spielte einen Minor Blues, Moll Blues. Ich mag die Harmonien sehr, obwohl eine davon recht ungewohnt klingt, die Dominante (die nämlich keine richtige ist). Sie klingt hier gedrückt und etwas trocken und das liegt daran, dass sie in Moll ist. In A-Moll ist die V. Stufe auf e, ergibt E-Moll.
In meinem flammenden Plädoyer für die Durtonleiter habe ich die Leittöne erwähnt, die, meist einen halben Tonschritt unter ihrem Ziel zu diesem hin leiten, zB. vom h zum c. In der A-Moll-Leiter hat der Grundton keinen Leitton, der zu ihm hinleiten könnte, das g und auch das drüber liegende h sind beide einen Ganztonschritt von ihm entfernt. Und genau das hört man der V. Stufe an. Sie hat das g in der Terz und das macht keine Anstalten, zum a hinüberzuleiten. Dieses Hinüberführen zur Tonika ist aber wesentliche Funktion der Dominante.
Was tun? Wir basteln uns eine echte Dominante und erhöhen das g zum gis. Schau wir uns an, was passiert.
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Junge, Junge, ein gewagtes Gebilde. Drei Halbtonschritte, zwei Ganztonschritte und ein 1 1/2-Tonschritt, den ich hier mal übermäßige Sekunde nenne (pardon, ich weiß, wir hängen mit den Inervallen riesig hinterher). Klingt genau so wie eine kleine Terz und bringt gleich etwas Orient in unseren Übungsraum. Klingt nach Zigeunern, Türken, Islam, na zumindest in die Richtung. Ein ungewöhnliches Intervall für unsere diatonisch eingestellten Ohren.
Egal, wir wollten ja etwas damit bezwecken, nämlich die Dominante wieder ihrer Funktion zuführen, also hören wir mal, ob es uns gelungen ist. Hier eine kleine Melodie, einmal im natürlichen Moll und einmal im so genannten 'harmonischen' (click to play)
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Die erste Version hat die V.Stufe in Moll und wirkt etwas altmodisch, gedeckt und streng.
Die zweite Version mit der Dominante und dem zum gis erhöhten g im dritten Takt strahlt, versöhnt und führt aalglatt zurück zur Tonika A.
Stört euch nicht an den etwas merkwürdigen Akkorden in der zweiten Stimme; wenn ihr genau hinschaut, sind es immer nur Töne aus der I., IV. oder V. Stufe in Moll. Auch sind die vielen Hilfslinien nicht gerade übersichtlich. Ich wollte euch aber ersparen, das Ganze noch im Bassschlüssel lesen zu müssen, das ist für die meisten noch gewöhnungsbedürftiger.
So viel zum Unterschied zwischen der natürlichen (quasi biologischen) und der harmonischen (merke: der Harmonie zu Liebe) Molltonleiter.
Ich habe die Melodie so geschrieben, das dieser orientalisch übermäßige Tonschritt nicht erscheint. Der hat übrigens einen schönen Namen, mom, muss ich selbst eben nachschlagen... ah, Hiatus (lat. Kluft, Öffnung).
Dieser Hiatus hat die Sänger verärgert, weil er schlecht zu singen sei, heißt es. Ich weiß nicht, ob das die wirkliche Begründung für die dritte Molltonleiter ist, die wir kennen. Ich denke, es war eben der Hiatus, die Kluft selbst, die musikalisch von unserer Norm abwich. Ich denke, die Sänger waren auch damals durchaus in der Lage, das Intervall zu singen.
In der dritten Moll-Tonleiter ist also der Hiatus (-:wenn man es einmal hat, dann benutzt es sich auch gut, so ein Wort) wieder herausoperiert, in dem man, was läge näher, den 6. Ton, hier das f, auch erhöht:
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Das melodische Moll ist entstanden (merke: der Melodie zu Liebe). Aber, es kommt mit einer Besonderheit daher. Wird die Leiter von oben nach unten gesungen oder gespielt, so erniedrigen sich die erhöhten Töne wieder. Täte man dieses nicht, ginge der Mollcharakter allzu sehr verloren. Durch die beiden Erhöhungen ist das obere Ende der melodischen Moll-Tonleiter von der entsprechenden Dur-Tonleiter nicht mehr zu unterscheiden. Nur das c bzw. cis unterschiede noch die beiden Leitern.
Der junge Mann hier singt ein wahrlich feines Lied in F-Dur, oder? Na ja, vielleicht ist es eher im parallelen D-Moll. So genau weiß man es nicht. Welche Tonleiter aber benutzt er?
Und noch eine Aufgabe sei euch für das verregnete Wochenende vergönnt. Ich würde mich freuen, wenn ihr zu der kleinen Beispielmelodie oben die Harmonien herausfändet. Keine Angst vor den vielen Noten: legt euch die Stufen von A-Moll daneben und schaut, welche Töne ihr in der unteren Stimme vorfindet.
Vielen Dank, bis sPeter
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