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THEMA: Über Harmonie, Akkorde und Melodien

Über Harmonie, Akkorde und Melodien 21 Jul 2009 21:54 #76767

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Jazzstile - Bebop I

Anfang der 40er Jahre zeigte sich die musikalische Szene in New York in anderem Licht. Die großen Orchester spielten noch, aber die kreative Zeit des Swing war vorüber. Die vier großen 'major labels' Columbia, Decca, Capitol, und Victor hatten sich den Markt aufgeteilt, machten Riesenprofite mit der industriellen Herstellung der neuen populären Musik und die immer noch schlecht bezahlten Musiker langweilten sich in ihren Orchestern.
Mit dem Kriegseintritt der USA 1941 wurden Sonderabgaben auf Tanzaufführungen fällig und immer mehr Topsolisten zum Wehrdienst eingezogen. Das brachte die großen Swingorchester zunehmend in Schwierigkeiten und verhalf der Musikergewerkschaft AFM, die nun die wenigen hochkarätigen Musiker vertrat, zu größerer Macht. Sie forderte von den Plattenfirmen einen Mindestlohn für die beteiligten Musiker und bestreikte ab August 1942 bis ins Jahr 1944 sämtliche Plattenaufnahmen (Recording Ban).

All diese Umstände bedeuteten das allmähliche Ende der Swing Aera, schafften aber auch Platz für neue Entwicklungen im Jazz.

1938 gründete der Tenorsaxophonist Henry Milton in Harlem einen neuen Club. 'Milton's Playground' befand sich im 1. Stock des Cecil Hotels und bald trafen sich hier Musiker nach ihren Auftritten bei den Swingorchestern zur Jamsession. Ohne kommerziellen Druck und Zugeständnisse konnten sie hier nach neuen Formen suchen.

Ab 1940 gab es eine feste Stammband im Milton's: Thelonious Monk (p), Kenny Clarke (dr), Joe Guy (tp) und Nick Funton (b). Häufiger Gast hier war Dizzy Gillespie, der Schlagzeuger Charlie Christians spielte von 1941 bis zu seinem Tod 1942 dort und übte starken Einfluss auf den neuen Stil aus, den die Kritiker bald 'Bebop' nannten, wahrscheinlich lautmalerisch den gesungenen Phrasen des Stils nachempfunden.
Clarke und Monk versuchten, den Manager des Clubs, Teddy Hill, dazu zu bewegen, auch den Altsaxophonisten Charlie Parker vom McShann-Orchester fest anzustellen. Hill weigerte sich jedoch, so dass Monk und Clarke ihm schließlich die Gage aus der eigenen Tasche bezahlten.

Minton's Playground war der Kristallisationspunkt des Bebop. Während im harlemer 'Apollo' sich die 'alten' Starsolisten des Swing regelrechte 'Battles' mit den Nachwuchsmusikern lieferten, warteten hier im Minton's eine Menge jüngerer Musiker schon auf die Chance, in den Kreis der Erlauchten aufzusteigen, unter ihnen Miles Davis, Dexter Gordon, Art Blakey, Max Roach, Fats Navarro und Bud Powell.

Mitte der 40er hatte sich der Bebop etabliert und zog in die 52th Avenue, was nicht gleichzeitig bedeutet, dass er nun zur populären Musik zählte. Bebop hatte keine kommerzielle Breitenwirkung; Melodien und Harmonien waren zu komplex, als dass sie sich zur reinen Unterhaltung anboten. Der durchschnittliche Musikkonsument damals hatte wohl wenig Chancen, den Kompositionen und Improvisationen zu folgen und zum Tanzen eignete sich die Musik schon gar nicht.

Durch den eingangs schon erwähnten Recording Ban gibt es aus der Anfangszeit des Bebop keine Aufnahmen; jazzhistorisch gesehen natürlich schade, aber auch ein Zeichen für den Wechsel von einer populären zur Kunstmusik.


Liebe Zurückgebliebenen, derweil ich diese Zeilen am Strande von Thasos schrub gibt es heuer keine Tubenbeispiele. Vielleicht mögt ihr selbst ein paar heraus suchen und hier anhängen. Auf bald und haltet die Ohren steiff, püos
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 22 Jul 2009 00:22 #76772

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Moin !

Pue hat Urlaub bitte 2 mal Giros und 10 Ouzo12 für die Runde!

Be Bop? Machen wir Pue!


Erstmal den Manager des MINTON´s PLAYHOUSE!

Teddy Hill, Auch sein Orchester ging in die Grütze!:(

http://www.youtube.com/watch?v=ihWQYPtCikQ

Und natürlich die Galionsfigur Charlie `Bird` Parker hier 1946

http://www.youtube.com/watch?v=cRXvq65R_iI

http://www.youtube.com/watch?v=EKmI2dQ_bBM

(*Bird lernte viel von Lester`Pres`Young! http://www.youtube.com/watch?v=FafimlGJhrs )



Ko Ko 1947
http://www.youtube.com/watch?v=i_ZajJd-1kY

Mit Neil Hefti 1947
http://www.youtube.com/watch?v=l10zjt-3CGc


Compulsion 1953 (mit Sonny Rollins)
http://www.youtube.com/watch?v=6zsR5z33jwU

Und Dizzy die zweite Hauptfigur mit Be Bop Band
http://www.youtube.com/watch?v=kOmA8LOw258

http://www.youtube.com/watch?v=7xnuXsrQlCk


Sonny Stitt (auch sehr gut auf dem Tenor!)
http://www.youtube.com/watch?v=Iulxzuq4xBw

Mit Dizzy und Stan Getz
h[url]ttp://www.youtube.com/watch?v=R6ozqa5O1yY&feature=PlayList&p=0BDC14AEB85810D9&playnext=1&playnext_from=PL&index=42
[/url]

Jackie McLean
http://www.youtube.com/watch?v=PU2Clcd_tN8


Hal Mc Kusick(gemäßigter)(später in der gemäßigten Form des Cool jazz oder west Coast zu finden, aber wir wollen nix vorweg nehmen!)
http://www.youtube.com/watch?v=ApZ5w1qXrFw&feature=related


auch nicht fehlen darf Lou Donaldson:
http://www.youtube.com/watch?v=G_O7UGVXguo

Und auch Glenn Miller Tenor Saxplayer Tex Beneke
http://www.youtube.com/watch?v=NRGz5nYRYdM&feature=PlayList&p=9F06BD949FEA2C5F&playnext=1&playnext_from=PL&index=34


LG Hans
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 22 Jul 2009 15:32 #76780

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Kalimeroa Püos,

die Zurückgebliebenen ;-) danken herzlichst und wünschen noch einen erholsamen Urlaub!
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 22 Jul 2009 16:46 #76781

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Jetzt kriegt HWP aber ein Fleißkärtchen! Danke für die "Tuben".

Und schönen Urlaub nach Griechenland!

Liebe Grüße
Saxolina
(die am Freitag auf Kurzurlaub nach Paris fährt...)
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Reeds-Shop

Über Harmonie, Akkorde und Melodien 22 Jul 2009 19:23 #76782

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hwp,

wer hat dir zeit geschenkt? - wer schenkt mir welche das alles anzuhören....

klasse was du da gemacht hast - bene

dir gehört das flaschenpfand der uzo-bottle-yeaaah:)

und unserem pü - ich schenk dir ein knall-rotes-gummiboot...
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 28 Jul 2009 16:41 #76937

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Ja super, HWP! Das erste Tuebchen mit dem Teddy Hill Orchester ist natuerlich noch Swing-Musik, aber Teddy Hill war Manager in Mintons Playground. Zudem ist es die erste Aufnahme, auf der man Dizzy Gillespie hoeren kann.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 29 Jul 2009 13:06 #76974

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Jazzstile - Bebop II

Ich stelle mir vor, ich hätte 10 Jahre mit meinem Alto in solch einem Swingorchester gesessen.

Jeden Tag zur gleichen Zeit das gleiche Solo. Wir hatten unsere Soli vorher ausgearbeitet und einstudiert, so dass sie Abend für Abend risikolos abgerufen werden konnten. Zwar waren sie virtuos und das Publikum begeistert von dem, was wir da spielten, dennoch wechselte das Repertoire nicht gerade häufig. Das Publikum hatte seine Lieblingssongs und wollte diese dann auch hören. Nach dem Konzert gingen wir meist in die 210th West, 118th Street.

Thelonious sitzt über die Tastatur gebeugt und scheint die Tasten sortieren zu wollen. Hört sich an, wie die Changes von Whispering. Aber er spielt nicht die bekannten Akkorde, sondern deutet sie an, umspielt und entstellt sie, bis nur noch eine Sekunde oder eine Kette von Sexten übrig bleibt. Thelonious liebt die Sexten, ist ganz vernarrt in sie. Wenn der Bär spielt, weiß man nie genau, was wann passiert: manchmal scheint er völlig abwesend, dann wieder bricht er den Swing mit einer widerborstigen Vierteltriole auf der Dominante... Er kann die Tastatur biegen, entlockt dem Klavier unerhörte Töne; das alles in seinem eigenen Zeitkontinuum. Streng genommen hat er mit uns nichts zu tun, ist gar kein Bebopper, eher the loniouus Monk.
Kenny an den Drums treibt mit der Rechten sein Becken vor sich her. Das gesamte Tempo ist dieser eine Stick, er zieht die gesamte Band in einem Höllentempo durch den Song. Mit Links bearbeitet er sporadisch die Snare, mal synkopisch, mal gar nicht, ein System scheint nicht erkennbar und doch stehen die Schläge in einem geheimnisvollen Zusammenhang zu den Melodiefetzen, die aus dem Klavier irren. Nachdem der Bär eine fast vollständig zu nennende Phrase zu Wege bringt, attackiert die Bassdrum die plötzlich entstandene Leere.
Nun setzt Dizzy ein; Achtelketten in bislang nicht gehörten Tonarten und Skalen hängen sich in den Beat, brechen unvermutet ab um im gleichen atemberaubenden Tempo in neuer, noch gewagterer Linie den nächsten Gipfel zu erklimmen.
Die ganze brodelnde Masse würde wohl auseinander fliegen, wäre da nicht Nick am Bass. Er spielt zwar nicht, was er soll, zumindest aber erlauben einige seiner Töne, die Orientierung zu behalten, wenn er sich nach gewagtem chromatischen Ausflug wie von Zauberhand auf der Tonika wiederfindet.
Das Publikum ist schon lange ausgestiegen, bestaunt das hitzige Chaos und wundert sich, wie wir mit einem Mal das gestern von Dizzy geschriebene "Groovin' High" unisono und auf den Punkt anspielen. Nach 32 Takten ist der Ritt vorbei und wir schauen uns grinsend an.

So hätte es sein können im Minton's Playhouse oder irgend einer anderen Session Anfang der 40er. Nach 10 Jahren Swingorchester mit immer den gleichen Melodien und Harmonien waren die Changes wie eingebrannt. Sie waren so in Fleisch und Blut über gegangen, dass die Musiker spielen konnten, was sie wollten, ohne dabei Gefahr zu laufen, aus der Form zu fliegen. Im Gegenteil, sie entwickelten ein diebisches Vergnügen daran, die alten Gerüste umzudeuten, zu erweitern oder zu konterkarieren.
Es war ihnen ein Spiel und intellektueller Spass, die altbekannten Songs in neuen Stücke zu verstecken. Wer erkennt die Melodie, äh, Harmonien?

Aber es war weitaus mehr: es war der Protest gegen die Einverleibung des Jazz durch die 'weiße' Plattenindustrie und Protest gegen den immer noch nicht überwundenen Rassismus in den USA.


Rhythmus und Harmoniebehandlung im Bebop habe ich schon in vergangenen Kapiteln besprochen. Vielleicht noch ein paar Worte zu den Melodien. Im Gegensatz zu den eingängigen Themen der Swingmusik klingen diese im Bebop eher improvisiert. Wie auch die Soli bestehen sie in der Regel aus Achtelketten oder deren Fragmenten; große Bögen und die längere Linien sucht man vergebens. Besonderer Augenmerk liegt auf der chromatischen Behandlung und dem Einsatz des Tritonus als spannungsreichstem Intervall und als 3. Bluenote (flatted fifths). Neben den herkömmlichen Tonleitern und Skalen wurden vermehrt Ganzton-, Halbton-Ganzton- , Ganzton-Halbton-, chromatische sowie alterierte Skalen eingesetzt.

Letzten Endes konnte jeder beliebige Ton zu jeder beliebigen Zeit gespielt werden; das chromatische Harmoniesystem schien ausgereizt. Vielleicht war dies ein Grund für das Ende des Bebop Anfang der 50er Jahre. Aber noch zwei andere Faktoren führten meines Erachtens zur kreativen Sackgasse des einst so revolutionären Stils. Zum einen konnte es auf Dauer nicht befriedigen, noch immer über die alten Changes zu improvisieren, zum anderen forderte der Bebop eine gewisse Virtuosität, die, nicht jedem gegeben, zugleich die interpretatorische Breite der Musik arg einschränkte.

Der Bebop hat den Standart gesetzt, der noch heute im Jazz Gültigkeit hat. Einmal auf dem Bereich eben dieser Virtuosität: ein gutes Solo muss noch immer aus möglichst vielen, in atemberaubendem Tempo gespielten Tönen bestehen, was nur zu oft zu langweiligen Gedudel führt. Auf der anderen Seite in der Theorie: obwohl die letzten 60 Jahren noch einiges im Jazz passiert ist, improvisieren unsere Musikschüler noch immer über die Changes von 'Whispering' (manchen vielleicht als das bekannt). Die Grundlagen des Bebop sind zum guten Teil die Grundlagen unseres 'modernen' Musikunterrichts geworden.

Letzte Änderung: 22 Mai 2014 19:30 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 29 Jul 2009 21:46 #77015

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pue schrieb:
Ja super, HWP! Das erste Tuebchen mit dem Teddy Hill Orchester ist natuerlich noch Swing-Musik, aber Teddy Hill war Manager in Mintons Playground. Zudem ist es die erste Aufnahme, auf der man Dizzy Gillespie hoeren kann.


Moin!

Pueeüüüüüiiiii?

Mintons Playhouse!:blink:

"Mintons Playground" ist ein Stück vom Pacific Symphonic Wind Ensemble!Komponist:James Syler!

Na ja, wir wissen was gemeint ist :silly:

LG Hans
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Jul 2009 16:47 #77069

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oh, sorrü
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Jul 2009 17:30 #77071

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pue schrieb:
Jazzstile - Bebop II
Wer erkennt die Melodie, äh, Harmonien?



Flüstern. Ist nur ein bischen schneller, man kann aber noch bequem mitsummen.
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