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THEMA: Über Harmonie, Akkorde und Melodien

Über Harmonie, Akkorde und Melodien 28 Apr 2009 12:37 #73973

  • michat
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Hi, ich lese hier in den Thread sehr gerne mit. Ist toll aufbereitet, spannend geschrieben und macht Spaß.

Allgemein schreibe ich hier im Forum zunehmend weniger. Habe den Eindruck das geht vielen anderen hier auch so....muss auch nicht als Off Topic endlos diskutiert und seziert werden - da schreiben dann eh nur wieder die, die immer schreiben;-)

Jedenfalls ein dickes Dankeschön an Pü für die tolle Arbeit und das Enggaschmäng!!!;-)
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 28 Apr 2009 12:47 #73976

  • taurenis
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@pue:
Genauso ist es mit dem Lernen. Wenn ich sehe, wie schnell man sich manchmal was erarbeiten kann, frage ich mich, was ich in all den Jahren in der Schule eigentlich gemacht habe.

Ich lese hier nicht nur mit, sondern erarbeite mir den Stoff selbständig. Dazu nutze ich auch andere Quellen. Es gibt dann drei Möglichkeiten:
1. Ich habs verstanden. Und ich verkneife mir dann zu posten: Ich habs verstanden -> Nächstes Thema
2. Ich habe ein konkrete Frage. Dann stelle ich die und bekomme eine Antwort -> Gehe zurück auf Los.
3. Ich habe ein generelles Problem. Dann nehme ich mir die Aussage meines ersten Physikprofessors zu Herzen: "Es macht nichts, wenn Ihr das jetzt nicht versteht. Ich werdet Euch dran gewöhnen!", lehne mich zurück und lasse die Sache auf mich wirken. Meist kommt dann die Lösung in einem anderen Zusammenhang. Ich habe es nicht eilig. Ich bin jetzt fast 50 und hatte noch vor wenigen Wochen keinen blassen Schimmer von Musik (von der physikalischen Seite mal abgesehen). Jetzt hat es auch noch ein paar Tage Zeit, schließlich will ich 120 werden.

Und was die Beteiligung am aktuellen Beitrag angeht, so geht es mir wie wohl einigen anderen auch: wir sind noch nicht so weit!

Also weitermachen Pue, es lohnt sich.
Schönen Gruß
Johannes
Das Beste kommt noch.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 29 Apr 2009 16:46 #74050

  • pue
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Vielen Dank für Unterstützung; es freut mich sehr zu lesen, dass der Kurs ein positives Echo findet.


11er, 13er und 9#-Akkorde

Ja, noch fehlen uns immer noch einige Kandidaten unter den Akkorden. Wir haben bis hier schon so manche Terzenkombination aufgeschichtet, diverse Töne hinzugefügt, ersetzt oder weggelassen, aber noch sind wir mit der Hochstapelei nicht fertig. Es geht nämlich noch höher hinaus.

Bevor wir dazu kommen, noch ein Akkord, der liegen geblieben und noch nicht besprochen ist. Es ist der Dur6- oder Moll6-Akkord, der durch das Hinzufügen der großen Sexte entsteht. Meist steht er auf der I. oder IV. Stufe und ist dem j7-Akkord näher als den Dominantakkorden. Das heißt, je nach Melodie oder Färbung setzt man einen j7- oder einen 6-Akkord. Wie er klingt, könnt ihr hier im zweiten Takt hören:

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Die kleine Akkordsequenz, die ich hier zusammenstellte, fand ich ganz hübsch, weil hier zu hören ist, wie durch die weitere Stapelei immer mehr Spannung aufgebaut wird. Zumindest bis zum C11#/13 steigt sie stetig an. Immer mehr Töne ziehen, reiben und drängen zur Auflösung. Danach wird die Spannung kleiner und die Akkorde treiben ein merkwürdiges Spiel. Das alles besprechen wir nun im Einzelnen.

Die Akkorde der ersten Zeile sind bekannt. Die zweite fängt mit C11 an. Ich habe bei ihm die Terz weggelassen, weil diese durch die 11 (hier ein F) ersetzt ist. So ähnelt der Akkord stark dem sus4-Vorhalt und ist identisch mit einem 9/sus4-Akkord.

Es folgt der gleich Akkord mit der 11#, hier einem F#. Ich überlege gerade, ob ich nicht besser hier schon die Quinte weggelassen hätte, da sich die Kreuz-Elf tendenziell zur None von Fj7/9 auflösen möchte, also zum G. Indem ich das G also in der Dominante schon spiele, nehme ich es vorweg.
Ihr seht, auch ich muss noch basteln. Ich halte mich nämlich nicht gerade oft in diesen Gefilden auf und mache das nur, weil ich denke, irgendwann muss der Wahnsinn doch ein Ende haben. Tatsächlich sehe ich auch ein wenig Licht am Horizont.

Weiter gehts: auf das Gebilde von eben kommt die 13 drauf. Auch die hatten wir schon am Anfang mit der großen Sexte. Warum reicht die uns denn nicht? In unserem Falle sind wir auf einem Dominantakkord mit kleiner Septime; der 6er-Akkord war aber eher ein Vertreter von I und IV. In diesem Fall hier ersetzt die 13 nämlich die Quinte, will sich, wie schon die 11# zum G auflösen. Während die Sexte also für sich steht, für eine Färbung sorgt und mit dem j7 verwandt ist, ist die 13 in den allermeisten Fällen dominantisch.

Ich bespreche hier nun nicht alle möglichen Akkorde, sondern will Wege aufzeigen, wie Akkorde zu deuten sind. Liszt sagte einmal, man könne jeden Akkord hinter jedem spielen. Seid sicher, es gibt noch einige Kombinationsmöglichkeiten, wie z.B. den einfachen !3er-Akkord im nächsten Takt. Die elf ist hier tonleitereigen und so erstaunt es nicht, dass die Spannung abnimmt. Den gleichen Akkord könnte man auch Bb7/C nennen.

Und hier höre ich auf mit dem Terzstapeln: mit der nächsten Terz langen wir beim Grundton an und somit bleibt uns ein 15ner erspart. Herzlichen Glückwunsch allen, die es bis hier geschafft haben.


Ein wenig aber will ich euch noch quälen.

Dritte Zeile: nanu? Noch ein 13er, aber mit der Durterz zwischen 7 und 13. Auch hier müsste ich einen Pianisten fragen, ob es eine besondere Schreibweise für diesen Akkord gibt. Ich nenne ihn 13er im Quart-Voicing, da es sich hier um Quartstapel handelt. Ich empfinde ihn spannend, bluesig und offen. Nicht so kompakt gedrängt wie die Terzstapel klingt er leichter.

Wir verlassen C und ändern nun den Grundton ab: das Tritonussubstitut läßt grüßen und erstaunt stellen wir fest, dass die Akkordtöne mit Ausnahme des Grundtones zwar etwas anders aussehen, aber im Grunde einfach liegenbleiben. Aus Bb wird A#, die große Terz zum F# aus der Terz wird die Septime E und die 13 wird zur Kreuz-9. Das ist die kleine Terz zu F#, aua! Große und kleine Terz in einem Akkord?
Ja, und ich bin immer geneigt den Akkord nicht als Kreuz-9, sondern als 10b zu bezeichnen. ich bin nicht der Ansicht, dass es sich um eine übermäßige None, sondern um die Bluesterz handelt. Es ist eine Möglichkeit, auf fest gestimmten Instrumenten Moll- und Durgeschlecht zu verwischen.

In den nächsten beiden Takten für ich die Spielerei fort und entsculdige mich gleich dafür, dass wir dominant aufhören. Singt euch einen letzten Bbj7-Akkord dazu.

Wenn ich mit die kleine Sequenz hier oben anhöre, höre ich fast ein Stück Jazzgeschichte: erst die einfachen Akkord des New-Orleans-Jazz, dann die komplexeren der Big-Band- und Swingaera und am Ende die Quart-Voicings im Bebop.

Ein Beispiel, wie solche Quart-Voicings gebraucht werden können, möchte ich hier zeigen:

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Die erste Zeile zeigt eine Kadenz TSTD, in der 13er und Kreuz-Neuner-Akkorde abwechseln. Man beachte, dass die drei 'Oberstimmen' rein chromatisch laufen. Läßt man den Bass auch chromatisch laufen, so erhält man die nächste Zeile und die erinnert mich doch stark an die eine oder andere Komposition von Thelonious Monk. (Epistrophy hören)
Obwohl die Akkorde ausschließlich chromatisch rücken, kann man die Kadenz der ersten 4 Takte ahnen. Die Funktionen treten nicht mehr in den Vordergrund, sondern schwingen im Kopf mit.


Fast habe ich den Eindruck, dass das harmonische Gebäude des Jazz hier ausgereizt ist. Die Alterierungen der Dominante haben dazu geführt, dass (außer j7?) alle Töne in im vorkommen können. Chromatik, alterierte, Ganzton-, HalbtonGanzton- und chromatische Skalen ermöglichen eine unglaublich freie Bewegung im vertikalen Gerüst.
Mehr davon wird es nicht geben und so hat sich der Jazz in harmonischer Hinsicht auch nicht mehr weiter entwickelt. Er konnte seine Farben und Emotionen noch einmal im Cool Jazz oder später im Electric Jazz nuancieren, den Grad der Harmonisierung hat er nicht mehr erhöhen können und folgerichtig folgte der Bruch zum Free Jazz, in dem die Werte neu gesetzt und alte Zwangsjacken abgelegt wurden. Eine andere Entwicklung, zum Teil parallel zum Free Jazz, kam nicht zuletzt aus dem starken Einfluss Indiens auf die Jazzmusiker. Die 'Changes' wurden ganz aufgegeben und man improvisierte zu einer offenen Quinte.

Back to the Roots? Ich denke ja, und immer wieder, aber: was für ein spannender Ausflug dazwischen, oder?

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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Apr 2009 00:03 #74056

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Hallo,

seit ca. 3 Jahren versuche ich, "in Jazz ´reinzukommen".

Einmal die Woche "jazzt in time" - Oldies ( mehr oder weniger), die neben anderen musikalischen Tätigkeiten Jazz versuchen wollen... unter professioneller Begleitung...

Üben zu Hause ...was die Literatur so anbietet.. und die nächste Probe von "jazzt in time" gerne hören möchte.

Akkorde, Jazzharmonielehre, Skalen ... alles üben ....

Und dann pue mit seinen Abhandlungen ( die ich schätze )... könnte von unserem "Begleiter" in "jazzt in time" stammen..

Lernt alles... versucht alles ... am Ende kann man alles zu allem spielen ... aber ihr müsst wissen, was ihr da macht?

Vielleicht nicht ganz richtig gesehen ... aber wenn Akkorde sich gegenseitig übertrumpfen und letztlich alle Töne erscheinen...welcher Ton soll dann für ´ne Improvisation richtig und wichtig sein?

Stimmt vielleicht der oft zitierte Satz für Jazz:" Lerne alles und vergiss es dann - damit du spielen kannst?"

Stimmt vielleicht:" Alle Töne können und dann drauflosspielen, egal wer und welche Theorie was sagen?"

Bisschen ratlos - aber ich übe weiter.

saxclamus
Vertrauen in die Lernförderung durch den Schlaf schafft Zuversicht auch beim Üben am Detail.(Rezept 39 aus "Einfach Üben" v. Gerhard Mantel

Nur wer nichts tut kann auch nichts falsch machen.
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Reeds-Shop

Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Apr 2009 00:51 #74058

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Ja, hast in allen Punkten Recht.

Das ist ein komplexes Thema, aber als Quintessenz steht doch da, dass wir lernen und lernen, uns weiter entwickeln, die dollsten Theorien entwerfen und an Akrobatik grenzende Virtuosität entwickeln, um irgendwann den einzig wahren Bluessänger zu hören, der all das mit einem einzigen kehligen, aus seiner tiefsten Seele kommenden Ton zur absoluten Belanglosigkeit verkommen läßt.

Weder das eine noch das andere aber können wir mal eben so aus dem Ärmel schütteln. Wir können uns noch nichmals entscheiden, ob wir gerade die sich überschlagende Welle oder das ruhig zurückfließende Wasser sind. Wir können nur versuchen, unserem Temperament und unserer historischen Situation zu entsprechen.

Edith: "jetzt bekommt er auch noch pastorale Züge, au wei"
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Apr 2009 09:09 #74064

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Grossartig! Danke Pü!

Wo kann man mehr über die Quart Voicings nachlesen?
Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass Doug Hammond mal darüber gesprochen und es auch mal am Klavier demonstriert hat. Habe es damals aber leider nicht geschnallt.

Aber irgendwie ist diese Art der Harmonik genau das, wo ich eigentlich hin will!
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 30 Apr 2009 16:36 #74080

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Hallo Michat, ich habe keine Ahnung. Weiß noch nicht einmal, ob das Voicing so heißt. ich finde gerade nichts darüber im Netz. Werd aber mal Nachfragen.

Zu Studienzwecken empfehle ich dir, mal Epistrophy am Klavier zu begeleiten und zwar wie folgt:

Du spielst alle Akkorde als 13er im Quart-Voicing. Einzige Ausnahme Takt 17, da spielst du den F#m bitte mit 1/m3/6/9. Vier Takte später verspreche ich dir eine schöne Überraschung.

Dann spielst du alle Akkorde als 9# im Quart-Voicing. Diesmal kommt die Überraschung schon in Takt 17, den du wie oben fingerst. Bietet sich an, ab Takt 21 wieder 13er zu nehmen, oder?
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 02 Mai 2009 23:34 #74125

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Komponieren, Harmonisieren, Arrangieren I

Tja, Komponieren, wie geht das eigentlich?

Einfache Frage, schwere Antwort; weil das bei jedem etwas anders abläuft. Bevor man in die Versuchung kommt, ein eigenenes Stückchen zu schreiben, hat man in der Regel eine gewisse musikalische Vorbildung, Erfahrung auf einem oder mehreren Instrumenten und vor allem viel Musik gehört. Meistens hat man eine Vorliebe für einen bestimmten Stil, dessen Attribute man schon 'im Ohr' hat. Kaum einer also wird bei Null anfangen, wenn er sich hinsetzt, um eine Komposition aufzuschreiben.
Vielleicht passiert es auch beim Laufen oder Fahrrad fahren und man 'komponiert' gar nicht, sondern die Melodie fliegt einem zu.

Ich habe schon geschrieben, was eine Melodie ausmacht. In der Regel ist es eine Art Satz, eine Phrase, ein Bogen zusammenhängender Töne. Mir fällt da gerade was ein:

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Na, es wird vielleicht kein Hit und fertig ist das so auch noch nicht. Was ist das, was mir da eingefallen ist?
Eine kleine Phrase, überwiegend ansteigend, die sich am Ende ausruht. Die Töne auf den betonten Zählzeiten 1 und 3 (A, C und E) zeigen mir an, dass es sich wohl um A-Moll handelt. Ok, ich mach mal weiter:

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Unschwer zu erkennen, Rhythmus und Melodieverlauf, wenn auch um einen Ton versetzt, wiederholen sich. Nur im Abschluss führt die zweite Melodie entspannend zum Grundton des Stücks zurück. Wenn es nicht so kurz wäre, könnte ich die Komposition hier enden lassen. Will ich aber nicht und weil es mir ein wenig zu träge ist, nehm ich das letzte A wieder weg und starte durch:

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Der Rhythmus des Grundmotivs bleibt erhalten, spart sich aber die halben Noten und verdichtet sich noch im vorletzten Takt. Melodisch geht es Taktweise treppab bis zum Grund-, und in meinem kleinen Beispiel auch zum Schlusston. Tja, wie gesagt, nicht der letzte Schrei, aber vielleicht brauchbar, um daran auszuprobieren, was man mit dem Melodiechen nun anfangen kann.

Was machen also damit? Könnte eine Begleitung vertragen, gut.

Der Schlusston und fehlende Vorzeichen verdichten die Ahnung, dass das Stück in A-Moll steht. Fangen wir mal mit einer wirklich einfachen Begleitung an.

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Da unten klingt die Quinte A-E mit. Klingt ein wenig hüftsteif, das Ganze. Irgendwie mittelalterlich. Dudelsack, Minnegesang. Ich hab den Eindruck, dass es im dritten Takt woanders hin will. Auch in der zweiten Zeile könnte etwas Abwechslung nicht schaden:

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Etwas geschmeidiger. Was hab ich gemacht. Das starre A-E mit dem C in der Melodie ergab A-Moll. Im dritten Takt scheint die Melodie nach etwas anderem zu verlangen; die Töne auf den betonten Zählzeiten sind H und D. Könnte also die II. Stufe von D-Moll sein. Ich höre in mir aber die Dominante E und bediene mit E und H im Bass.

Vielleicht sollte ich es mal ganz anders probieren und schauen, dass ich erst mal einen vernünftigen Bass da drunter bekomme.

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Ich fange an mit zwei Takten A-Moll, der Bass geht schon mal auf die Quinte, sonst ist es zu langweilig. Im dritten Takt E-Dur für die Dominante und wieder A im vierten Takt. Fünfter Takt sieht aus wie Am7 oder schwingt sich das Ganze hier zum C-Dur empor? Ja, dass steigert sich fein mit der parallelen Durtonart. Den sechsten Takt sehe ich wieder als Dominante in E-Dur (E, G#, H) und spiele ein wenig mit den Akkordtönen. Der siebte Takt wechselt halbtaktig von Am auf E7, nee, ich bau da noch ganz schnell ein tiefes D ein. Subdominante auf der dreitten Zählzeit; scheint trotz des H in der Melodie zu gehen.

Nu hab ich einen Bass, der mir gefällt und bau mir da ein paar Harmonietöne drauf:

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Zugegeben, hab ich auf die Schnelle gemacht. Ist nicht wirklich schön gesetzt, aber die Harmonien, die ich jetzt höre, scheint schlüssig. Tja, bräuchte man vielleicht einen Arrangeur.

Ich lass es erst mal so stehen.

Nicht eure Musik? Macht nix, kommt noch schlimmer. Ich habe hier eine einfache Melodie gewählt, kein Jazz, kein Pop, nee eher klassisch. Und so geht es in der nächsten Lektion weiter. Bis denn, pü.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 03 Mai 2009 16:25 #74131

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Komponieren, Harmonisieren, Arrangieren II

Wir bleiben bei meiner kleinen Melodie aus der letzten Lektion.

Die Begleitung einer Melodie mittels Klavier, Gitarre oder einem anderen Harmonieinstrument ist die eine Sache. Eine andere Möglichkeit des Zusammenspiels bietet sich, wenn wir zwei oder mehr Melodieinstrumente haben.
Wie aber kommen wir nun an eine zweite Stimme? Eine Möglichkeit wäre die Bassstimme, die ich ja schon fertig hatte. Wäre was für ein Baritonsaxophon. Klingt aber mit zwei Altsaxophonen nicht so prickelnd, oder?

Oft hört man den Tipp, die Melodie einfach eine Terz höher in der gleiche n Tonart zu spielen.

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Hm. Ja, es klingt. Irgendwie stimmts und stimmt doch nicht so ganz.

Auch wenn es nur zwei Stimmen sind, bilden diese eine vertikale, harmonische Struktur. Die Terzen sind dafür gut geeignet, da sie auch in den Harmonien strukturgebend sind. Keine Bedenken also im ersten Takt. Im zweiten Takt klingt die Terz E-G zwar fein, widerspricht aber meinen gefühlten Harmonieverlauf. Ich will weiterhin A-Moll hören. Was hier klingt, könnte E-Moll oder C-Dur sein, hat also mit A-Moll nicht soviel am Hut. Was tun? Geben wir das Prinzip Terzparallele für einen Moment auf und probieren es mit einer Quarte E-A.

Markiert die Unterstimme also die Quinte einer Harmonie, dann rutscht die Oberstimme auf den darüberliegenden Grundton eine Quarte höher. Das gleiche passiert noch einmal im 5. Takt, der in C-Dur steht. Hier wechsel ich das H mit einem C aus.

Was aber mach ich nun im 6. Takt? Der klingt doch ganz hübsch. Wir sind auf der Dominante E und in der Melodie seht als erstes die Septime D. Kein Problem, die None darüber zu setzen. Auch die Septime D über dem H klingt gut. Wie es scheint, muss ich beim Dominantseptakkord nicht in die Quarte wechseln, die Septime ist fest in unseren Hörgewohnheiten verankert.
Was mich allerdings stört, ist, dass durch das G auf der vierten Zählzeit die Dominante in Moll erklingt. Also bemühen wir harmonisch Moll und erhöhen das G zum G#.

Das ganze klingt jetzt so:

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Was ich hier so kompliziert beschreibe, kann man mit ein wenig Übung aus der Lameng singen und spielen. Einfach eine Terz über der Grundstimme ansetzen und der Bewegung der Melodie folgen. Klingt es merkwürdig, probiert man statt einer Terz die Quarte aus. Fertig.

Bekannte Stücke für eine solche Terzbegleitung sind z.B. La Paloma, Blue Monk oder Drunten in der grünen Au.

Sie sind nicht unbedingt beliebt, diese Terzen und werden oft etwas abfällig Schusterterzen genannt. Und wenn ich mir das Beispiel oben nochmal anhöre, klingt das zwar alles fein, ist aber doch ein wenig einfach gestrickt. Verlassen wir also die Terzen und begeben uns auf die Suche nach anderen Möglichkeiten.

Muss ja nicht immer parallel laufen, eine zweite Stimme. Und auch rhythmisch könnte man die recht starre Struktur etwas aufmischen. Hier habe ich eine Unterstimme geschrieben, die vollkommen unabhängig in eigenständiger Linie die Melodie begleitet:

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Ja, das hat was. Vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Interessant aber in jedem Fall. Schaun wir zuerst mal auf die rhythmische Gestaltung. Wo die erste Stimme behende loslegt, laßt es die zweite gemächlich angehen. Im zweiten Takt ist es umgekehrt. Sie spielen ein Spiel, regen sich gegenseitig an, warten, geben vor und ergäzen sich.
Jetzt schaut euch die Melodieverläufe an: es gibt so gut wie keine parallel geführte Stelle mehr. Fast durchgängig befinden sich die Stimmen in Gegenbewegung zueinander. (Wer findet denn die einzige Schusterdezime?)

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Das alles wäre noch keine Kunst, müsste die Begleitstimme nicht auch noch auf die harmonischen Bedingungen erfüllen.

Waren die horizontalen (Harmonie) und die vertikalen (Melodie) Elemente in unseren bisherigen Betrachtungen zwei eigenständige Bereiche, so durchdringen sie sich hier. Betrachten wir die ersten beiden Takte, so ergeben die beiden Stimmen vertikal immer einen Ausschnitt aus dem Am-Akkord. Ausnahmen sind die Durchgangstöne H und D. Sie liegen auf unbetonten Zählzeiten und verbinden die Akkordtöne zur Melodie.

Gehen wir ein noch einen Schritt weiter und fügen eine weitere Stimme hinzu. Diesmal eine Oberstimme.

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Das ergibt schon ein komplexes Gewebe. Wie Web- und Kettfäden ergeben Harmonie und Melodie eine farbige Klangfläche.

Früher häufig für den vierstimmigen Gesang mit Sopran, Alt, Tenor und Bariton geschrieben, nennt man diese Form des Komponierens Kontrapunkt (lat. punctus contra punctum ="Note gegen Note"). Davon demnächst noch ein wenig mehr.


Letzte Änderung: 03 Mai 2009 16:32 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 04 Mai 2009 21:23 #74174

  • saxolina
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Hallo pue,

tolle Anleitung zum komponieren von horizonalen Begleitstimmen, danke!
Und prima erklärt noch dazu!
In der Praxis lässt sich dies auch gut anwenden, finde ich, einfach mal zu zweit im Terzabstand losdudeln, dann ein wenig variieren, mal sehen, wo es hingeht...

Gruß Saxolina
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