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THEMA: Über Harmonie, Akkorde und Melodien

Über Harmonie, Akkorde und Melodien 23 Mär 2009 20:38 #72244

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Weitere Akkordtypen

Heute ein paar weitere Akkordtypen mit kleinen Beispielen, wie sie typischer Weise auftauchen bzw. eingesetzt werden.


1. Der halbverminderte Septimakkord.

Den halbverminderten Septimakkord kennen wir schon aus dem Stufenmodell mit Septimen. Er taucht auf der VII. Stufe auf oder wird häufig als II. Stufe in Moll gebraucht. Sein Symbol ist der hochgestellte kleine durchgestrichene Kreis oder ausgeschrieben m7b5.

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Hier eine I-II-V-I-Verbindung in Moll

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2. Der erminderte Septimakkord.

Den verminderten Septimakkord kennen wir auch bereits aus dem V9b-Akkord. Er besteht aus dem verminderten Dreiklang plus der verminderten Septime. Seine Symbole sind der hochgestellte Kreis ° oder °7 oder der Zusatz dim (dim7) von 'diminished'. Als Leiter zum Improvisieren über den Akkord bietet sich die HG-Leiter an, die abwärts auch umgekehrt gespielt werden kann, quasi als GH-Leiter.

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In der Praxis kann er zum Beispiel so eingesetzt sein:

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3. Sus-Akkorde.

Sus (engl. suspend =vorübergehend aussetzen, lat. suspendo=schwebend halten) zeigt einen Vorhaltakkord an. So bezeichnet sus4 einen Akkord, in dem statt der Terz die Quarte des Grundtones gespielt wird. Meist löst man diesen zur Terz auf. Beim sus2-Akkord wird die Terz durch die große Sekunde ersetzt.

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Hier ein Beispiel mit sus4- und sus2-Akkorden

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4. Add-Akkord

Wie der Zusatz schon andeutet, wir hier ein Ton addiert, hinzugefügt. Will man z.B. eine None hinzufügen, so schreibt man add9. Ohne das add würde ansonsten hier die Septime mitgespielt. Bei add2 kommt die Sekunde dazu, ohne das die Terz (wie beim sus2) weggelassen wird.

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5. Slashakkord

Der Slashakkord ist ein Akkord mit hinzugefügtem Basston. Der kann einer der Akkordeigenen Töne sein, so dass es sich streng genommen um eine Umkehrung handelt, oder ein beliebiger anderer Akkord sein. Notiert wird der Basston mit einem Schrägstrich (Slash) hinter oder unter dem Akkord. So ist z.B. ein Ebj7/C im Grunde nichts anderes als ein Cm9-Akkord. Manchmal ist die Notierung als Slashakkord im Zusammenhang schlüssiger.

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Hier bleibt der Bass liegen und die Akkorde wandern.

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Hier wandert der Bass und die Akkorde bleibe liegen.

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In beiden Fällen bildet die Symbolnotierung das Geschehen besser ab als die herkömmlichen Zeichen.


6. Polychord

Beim Polychord werden zwei Akkorde gleichzeitig gespielt. Sie werden durch eine Strich getrennt übereinander notiert, kommen aber eher seltener vor.

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Das ist gar keiner? Doch ist einer; wenn man ihn jedoch anhört, merkt man schnell, dass es ein b9-Akkord ist. Aber notieren könnte man ihn natürlich so.


7. Powerchord

Der Powerchord kommt aus dem Rock und wird z.B. oft im Heavy Metal eingesetzt. Ihm fehlt die Terz; er besteht also nur aus zwei Tönen, ist quasi geschlechtslos. Notiert wird er als X5, Xno3, Xomit3 oder einer kleinen durchgestrichenen 3. Wird ein Dreiklang über Verzerrer gespielt, ist das Klangergebnis häufig zu dicht und wirr, deshalb eignet sich das ausgedünnte Neutrum besser für so modifizierte Klänge.

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Hier wirds erklärt.



Das ist schon mal eine ganz schöne Sammlung. Sollten uns noch Akkorde begegnen, die ich hier nicht aufgeführt habe, so besprechen wir sie bei Gelegenheit.

Wie wäre es mit einer weiteren Werkanalyse? Vielleicht etwas mit Slash und alterierten Akkorden? Gibt es Vorschläge?

Letzte Änderung: 01 Mai 2009 15:30 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 23 Mär 2009 20:51 #72246

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Moin !

Obwohl ich da nichts von kenne, habe ich 2 meiner Figuren entdeckt!

Great Pue!B)

Lieben Gruß Hans
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 24 Mär 2009 09:09 #72251

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pue schrieb:
Wie wäre es mit einer weiteren Werkanalyse? Vielleicht etwas mit Slash und alterierten Akkorden? Gibt es Vorschläge?

Hi pue,

ja, gerne. Von Jobim gäbe es jede Menge. Oder den hier,

Samba de Orpheus von Luiz Bonfa,

hier der A-Teil. Sorry, ich kann es nicht besser einstellen.


| Bbmaj7 | / | / | / | / | Bbmaj7 Eb7 | Dm7 G7b9 | Cm7 | F7 |
| Cm | Cmmaj7/B | Cm7/Bb | F7/A | | Cm7 | F7 | D7 G7alt | C7 F7 |


Liebe Grüße

Chris

Das Stück gibt es auch in anderen Harmonien, also falls jemand es so hat, mit Melodie, wäre natürlich super.
Letzte Änderung: 24 Mär 2009 09:13 von chrisdos.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 24 Mär 2009 12:35 #72253

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Schöner Vorschlag, chrisdos. Mal schaun, was wir machen; ein anderer Vorschlag, den ich erhielt, war 'My Funny Valentine'. Das Stück hat den Vorteil, dass es stärker auf die eigenständige Bassmelodie aufbaut, langsamer ist und somit besser vermittelt, um was es geht.

Heute geht es noch nicht weiter, aber damit ihr euch nicht langweilt, wollte ich euch einen kleinen Text zeigen, der sich mit auch mit Orpheus auseinandersetzt, allerdings mit dem von Franz Liszt.
Franz Liszts Ausspruch: 'jeder Akkord kann jedem folgen' zeigt, ähnlich wie die Geschichte des Jazz, den Aufbruch in eine tonale Welt, die sich von den vorherrschenden Funktionen wie Tonika und Dominante zu lösen sucht.

Hier ein Ausschnitt aus:

Tonalität der Tonfelder
Anmerkungen zu Bernhard Haas (2004), Die neue Tonalität von Schubert bis Webern. Hören und Analysieren nach Albert Simon, Wilhelmshaven: Noetzel
Michael Polth


"...
Arten der Tonfelder
Simon kennt drei Arten von Tonfeldern: >Funktion<, >Konstrukt< und >Quintenreihe<. Jedes ist nach einer eigenen Gesetzmäßigkeit gebaut.

Die >Funktion< besteht aus vier Grundtönen im Kleinterzabstand sowie aus den vier Quinttönen der Grundtöne. Die acht Töne entsprechen der Halbton-Ganzton-Skala (>Oktotonik<) oder dem zweiten Modus von Messiaen. Es gibt drei Funktionen (beginnend mit c, cis und d; die Funktion auf es entspricht der ersten).

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Beispiel 1: >Funktion< nach Simon

Das >Konstrukt< besteht aus drei Tönen im Großterzabstand sowie deren Quinttönen. Die sechs Töne bilden eine Skala aus Halbtonschritten und Kleinterzen. Es gibt vier Konstrukte.

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Beispiel 2: >Konstrukt< nach Simon

Die >Quintenreihe< besteht aus drei bis zehn Tönen im Abstand von reinen Quinten. Nach der Zahl der Töne wird unterschieden zwischen >Triton<, >Tetraton<, >Pentaton<, >Hexaton< usw.

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Beispiel 3: >Quintenreihe< nach Simon

Tonfelder sollen helfen, bestimmte Klangwirkungen, die vor allem die Harmonik von 1850 an prägen, differenzierter zu verstehen. Drei wesentliche Eigenarten der >spätromantischen< Tonalität sind bereits durch die Eigenschaften der Tonfelder impliziert:

daß der Akkord-Zusammenhang nicht durch eine Tonart vermittelt werden muß,

daß zusammenhängende Töne nicht immer eine klare Diskretion in bestimmte Akkorde (im traditionellen Sinne) zulassen und

daß Akkorde, die in ihrer Klangwirkung voneinander abhängen, satztechnisch nicht auf gleicher Ebene liegen müssen.

Vermittlung durch eine Tonart
Die Sinfonische Dichtung Orpheus von Liszt beginnt mit der Akkordfolge Es-Dur - A-Dur-Septakkord - C-Dur. Obwohl man mit gewissem Recht behaupten darf, daß die Komposition insgesamt in C-Dur steht, bilden die drei Akkorde des Anfangs keinen Zusammenhang, der durch eine Tonart vermittelt wäre: Es-Dur muß nicht innerhalb von C-Dur als tP und A-Dur als Tp7 gehört werden (oder Es-Dur als T und A-Dur als (TP) [Tp]). Vielmehr erscheinen die Akkorde zunächst unmittelbar und schließlich durch ein Tonfeld aufeinander bezogen.

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Beispiel 4: Liszt, Orpheus, >tonikale Funktion< des Beginns

Die harmonische Wirkung eines jeden Akkordes resultiert zunächst daraus, welchen anderen Akkorden er folgt. A-Dur erfährt eine besondere Beleuchtung durch seine Stellung nach Es-Dur, C-Dur wiederum durch seine Position nach Es-Dur und A-Dur. Auch der gemeinsame Ton g, den die Hörner einstreuen, und die Bewegung des Basses zu Beginn (b-a) prägen die Klangwirkungen.

Für die eigentümliche harmonische Wirkung der Akkorde haben die traditionellen Harmonielehren keinen Begriff. Er wäre mit Äquivalenzwirkung am besten beschrieben. Äquivalenz meint den Eindruck, daß verschiedene Akkorde wie unterschiedliche Seiten ein und desselben Klanges wirken. So ist der A-Dur-Akkord zwar neu und von Es-Dur unterschieden, und doch scheint er nur dasselbe aus einem anderen Blickwinkel zu sagen, was auch der Es-Dur-Akkord ausdrückt (die Äquivalenz von Akkorden ist nicht mit dem Stellvertretergedanken der Funktionstheorie zu verwechseln, bei dem Nebenakkorde den Platz einer Hauptfunktion einnehmen können). Die Äquivalenz ist eine der Wirkungen, die dem Hörer durch das Tonfeld >Funktion< bewußt gemacht werden sollen. Nach Simon bilden die Akkorde Es-Dur, A-Dur-Septakkord und C-Dur verschiedene Ausschnitte aus derselben Funktion. Die harmonischen Beziehungen der Akkorde sind dadurch geprägt, daß sich ihre Töne sukzessiv zu einem Tonfeld ergänzen.
..."

aus: http://www.gmth.de/zeitschrift/artikel/210.aspx

Das, was hier mit Äquivalenz sehr gut umschrieben ist, hat mit dem Tritonussubstitut sehr viel gemein. Oder ist es gar das Gleiche? Mir macht es fast den Anschein, als spielten wir alle nach dem gleichen Bauplan, der vorgegeben scheint und nur darauf wartet, entdeckt zu werden.
Und mit Entdecken meine ich, etwas finden, nicht im Sinne von erfinden, sondern im Sinne von vorfinden.
Bebop klingt anders als Liszt, beide Kunstformen spiegeln in ihrer Ausprägung stark die soziale Struktur, in denen sie entstanden sind. Was ihnen aber gemein erscheint, ist die Entdeckung einer gewissen 'Tritonusäquivalenz', auch wenn zwischen Liszt und Parker ein knappes Jahrhundert liegt.
Letzte Änderung: 24 Mär 2009 12:37 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 24 Mär 2009 17:04 #72260

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Sorry, bin gerade nicht ganz bei der Sache..

Jobim Stücke sind natürlich klasse weil sie voller Fragezeichen sind. One Note Samba z.B. is eins was mich immer ganz wahnsinnig macht. Könnte man auch gut mal drüber sprechen..

Fürs nächste finde ich aber My Funny Valentine auch sehr gut. Wer weiß, vielleicht deckt man noch was interessantes auf..

Gruß Jörn (der sich gerade schwer mit seinem PC abesselt..)
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 24 Mär 2009 18:44 #72262

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Na gut, dann stell ich 'My Funny Valentine' schon mal ein. Dazu gibt es ein paar Links aus der Tube.


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Chet Baker
Miles Davis
Etta James
Chaka Khan
Fay Claassen
Peter Fessler
Sting
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 25 Mär 2009 21:25 #72351

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Werkanalyse 'My Funny Valentine' I

'My Funny Valentine' ist eine Ballade aus dem Broadway-Musical 'Babes in Arms', komponiert von Richard Rodgers mit dem Text von Lorenz Hart aus dem Jahr 1937. Er wurde durch die Versionen von Chet Baker und Miles Davis zu einem beliebten Jazz-Standard des Swing und Modern Jazz.

Der Text zum Song, den die ganz junge Judy Garland im Film zum Musical gesungen hat, geht wie folgt:

Behold the way our fine feathered friend,
His virtue doth parade
Thou knowest not, my dim-witted friend
The picture thou hast made
Thy vacant brow, and thy tousled hair
Conceal thy good intent
Thou noble upright truthful sincere,
And slightly dopey gent

Youre my funny valentine,
Sweet comic valentine,
You make me smile with my heart.
Your looks are laughable, un-photographable,
Yet, youre my favorite work of art.

Is your figure less than greek?
Is your mouth a little weak?
When you open it to speak, are you smart?
But, dont change a hair for me.
Not if you care for me.
Stay little valentine, stay!
Each day is valentines day

Is your figure less than greek?
Is your mouth a little weak?
When you open it to speak, are you smart?
But, dont change a hair for me.
Not if you care for me.
Stay little valentine, stay!
Each day is valentines day


Den Anfang kennt man nur, wenn man Ella Fitzderalds Aufnahme anhöhrt. Die finde ich leider nicht in der Tube, vielleicht hat ein anderer mehr Glück.

Der Text des Vorspiels klingt so gar nicht nach Liebeslied, spricht er doch vom doofen, blöden Freund mit zotteligem Haar und ohne Augenbrauen. Mir ist der Sinnzusammenhang im Musical nicht bekannt. Vielleicht bekommt das ja auch noch eine raus.

Als Standart hat sich der Song ohne Vorspiel durchgesetzt und wird meist in der hier vorliegenden Fassung gespielt:

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Das Stück hat 36 Takte und die Form A A' B A'', steht in C-Moll und ist eine Ballade. Die drei A-Teile sind sich ähnlich aber nicht gleich. Der zweite ist eine Steigerung des ersten Teils. Der um 4 Takte verlängerte dritte A-Teil fängt wie der erste an, kommt aber dann im 31. und 32. Takt zum Höhepunkt des Stückes. Während die Harmoniewechsel in den A-Teilen meist ganztaktig sind, beschleunigt der B-Teil mit halbtaktigem Wechsel der Akkorde. Soviel zu Architektur des Stücks.

Wenn wir die einzelnen Fassungen hören, fallen Unterschiede auf. Schon in der Fassung von Miles Davis passiert im zweiten und vierten Takt etwas anderes als in den Noten steht (was denn?) und beim weiteren Hören stellen wir noch weitere Ungereimtheiten fest. Mal spielt der Bass die Septimen und Sexte der Takte 2-4 mit, in anderen Versionen bleibt der Bass noch über den 4. Takt hinaus auf dem C liegen (bei der Aufnahme mit Fay Claassen bis zum 7. Takt!).

Ich möchte heute nur die ersten acht Takte anschauen und heraus finden, woher die Freiheit kommt, die die Musiker zu genießen scheinen. Dafür habe ich die Harmonien mal in ihrer Grundform notiert:

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Hört und schaut euch das Beispiel an.

Die Abwärtsbewegung fängt ganz langsam an, über vier Takte passiert kaum etwas, nur die Linie C-H-Bb-A sorgt über dem C-Moll für eine veränderte Färbung. Im 5. Takt folgt Ab-Dur, durch die Sexte im 4. Takt vorbereitet und im Grunde einmal mehr ein C-Moll-Akkord mit Ab im Bass. Es sieht aus, als hätte ich oben eine Note weggenommen und unten eine dran gehängt. Und das Spiel geht nun weiter bis in den 8. Takt, wo sich außerdem noch das G als dominanter Basston hinzugesellt. Eine geradlinige Konstruktion, die sich nach unten beschleunigt, bis sie im Quintfall D->G->C zur Tonika zurück führt.

Nicht uninteressant ist, was mit den Akkorden durch die Umschichtung passiert. Ab dem 5. Takt erhalten wir in Folge einen Major7-, Moll7, 7b5 und einen ganzverminderten Akkord der durch das G zum b9-Akkord wird. Die Akkorde ziehen sich in sich zusammen, wie es scheint.

Wenn man nun das C über die acht Takte beobachtet, wird ersichtlich, warum dieser zentrale Ton zwar über die Phrase an Wichtigkeit verliert, dennoch bis in den 7. Takt akkordeigen ist. Das Zentrale Melodiemotiv wechselt zwischen Grundton C und Eb und auch diese beiden Töne bleiben in den Akkorden bis zum 6. Takt erhalten. Das ganze Ding ist so stabil, dass es viel aushält. Und das lädt ein zum freien modalen Spiel.

Soviel für heute. Mag jemand Vorschläge über Leitern zur Improvisation machen?

Letzte Änderung: 09 Jul 2012 21:17 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 27 Mär 2009 15:55 #72476

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@pue et al.:
Mit dem schönen Inhaltsverzeichnis habe ich mal angefangen, mich hier durchzuwühlen. Hängengeblieben bin ich bei der Pentatonik und ich fürchte ich muss hier eine Zwischenfrage stellen:
Durch Aufeinanderschichten von Quinten und anschließender Renormierung auf eine Oktave kommen wir zur Pentatonik und schließlich zur lydischen Tonleiter. Nun meine Frage:
Das Verfahren geht auch mit anderen Intervallen als der Quinte. Hervorzuheben ist dabei die Quarte. Mache ich das, so bekomme ich die Pentatonik C-D#-F-G#-A# und weiter dann die lokrische Tonleiter. Was machen wir nun damit? Muss es den immer die Quinte sein?

Gruß
Johannes
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 27 Mär 2009 16:29 #72478

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Nö, muss es nicht Man kann machen, was man will. :)

Die Quarte ist der Quinte sehr verwandt, ja mehr als verwandt, eben fast identisch. Ob du nun eine Quarte hoch oder eine Quinte herunter gehst, macht wenig Unterschied: jeweils landest du auf dem F. Und die Reihe, die du heraus gefunden hast, entspricht der Reihe Ab-Eb-Bb-F-C, die aus Quinten besteht.

Das du auf Kreuzchen gekommen bist, liegt am etwas unsauber definierten Sprung von F auf A#. Die ganz Schlauen sprechen hier von einer übermäßigen Terz, weil sie die Grundtöne abzählen: 1 F - 2 G - 3 A#.

Wenn du deine Reihe weiter führst, bekommst du eine lokrische Tonleiter auf C, ganz recht.

Die Frage nach der Verteilung der Halb-und Ganztonschritte ist also nur eine nach der Auswahl des Grundtones. Wenn du aus der Reihe Gb-Db-Ab-Eb-Bb-F-C, die du erfunden hast, das Db als Grundton nimmst, bekommst du eine Durtonleiter hin. Der Grundton der Durtonleiter ist ja nicht der unterste des Stapels, sondern der zweite.

Über die Vorteile, die uns die Durtonleiter gegenüber einer lokrischen bringt, steht alles in den Lektionen.

Nochmal zur Ausgangsfrage: muss es die Quinte sein? So gesehen, ja: entweder Quinte oder Quarte, das Ergebnis bleibt gleich. Was interessant ist: mit keinem anderen Intervall außer den beiden (und er kl. Sekunde natürlich) kommt man durch Hochstapelei an allen 12 Tönen vorbei! Eine goße Terz ist nach 3 Schritten auf der Oktave, die kleine nach 4 Schritten, die große Sekunde nach sechsen. Alle anderen Intervalle bteilen die oktave symetrisch. Wir hätten somit nicht die Geschlechter Dur und Moll.


Mich freut es sehr, wenn du die Sache hier durchgehst und noch mehr, dass du Fragen stellst. So war es gedacht. Mehr davon!
Letzte Änderung: 27 Mär 2009 16:33 von pue.
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Über Harmonie, Akkorde und Melodien 27 Mär 2009 17:48 #72482

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Danke, da muss ich jetzt erst mal drüber "transpirieren".

Ich habe noch ein weiteres Intervall gefunden, bei dem die Stapelei klappt, die große Septime (11 ist halt prim). Dann bekomme ich aber etwas ganz seltsames: In der resultierenden Tonleiter liegen zwischen dem C und dem Rest (F#) dann drei ganze Töne und weiters nur noch halbe. Dies erschien mir so verrückt dass ich es gleich wieder verworfen habe.

Johannes
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