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pue
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Blues I, Bluenotes I
Guten Morgen,
heut geht es um eine der Hauptwurzeln des Jazz, des Rock und der gesamten Popmusik, den Blues. 'I feel so blue' heißt nichts anderes als 'ich fühle mich so traurig' . Ende des 19. Jahrhiunderts war Blues neben Country, Bluegrass und Ragtime eine Form der schwarzen Unterhaltungsmusik, die zu dieser Zeit schon viele europäische Elemente aufgenommen hatte.
Ein Beispiel der Vermischung abendländischer und afroamerikanischer Musik sind die Minstrel-Shows, in der ursprünglich weiße Musiker als Schwarze verkleidet deren Musik nachahmten und persiflierten. Später haben sich Afroamerikaner selbst schwarz angemalt und in den Shows mitgespielt.
Anfang des 20. Jahrhunderts erst wurde der Blues zum eigenen Genre, nicht zuletzt dadurch, dass die Plattenindustrie ihn entdeckte. Der spätere Soul und der Rock'n Roll sind ganz nahe Verwandte des Blues.
Der Blues ist ein Klagegesang, aber was soll ich erklären, der 'heulende Wolf' kann das viel besser. Bitte hört euch das zweimal an. Beim zweiten mal hört ihr nicht mehr auf den Text, sondern darauf, wie er es sagt. Hört auf die Sprachmelodie, seine Pausen und den Sound seiner Stimme. All das ist schon Blues.
Howlin' Wolf über den Blues
Nu aber endlich Musik:
aus Howlin' Wolf: How Many More Years
Howlin' Wolf singt einfach, beginnend auf der Quinte in einer Abwärtsbewegung auf den Grundton und dann einen Bogen vom Grundton über die Quinte wieder zurück. 'I fall on my knees and raise up my right', er kniet vor der Geliebten, die ihn nicht anhört. Das sind die ersten vier Takte.
Die nächsten vierTakte singt er den gleichen Text und eine ähnliche Melodie. Im ersten Takt hören wir hier die Subdominante.
Die dritte Zeile 'I'd feel much better, if you understand' bleibt in der Melodie auf Quinte und Quarte, setzt da nochmal an und hat den gewohnten Abgang zum Grundton. Auch hier eine Variation der Harmonie: im ersten Takt der Dominantseptakkord.
Ich habs mal notiert (so gut das eben möglich ist, der Gesang hat rhythmisch keine große Affinität zum abendländischen Notationssystem):
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Ein Blick auf Vorzeichen und den letzten Ton der Melodie läßt uns erkennen, dass es sich um ein Stück in G-Dur handelt. Das bestätigt sich, wenn wir uns die Akkorde ansehen. Ausschließlich die klassischen Funktionen Tonika G, Subdominante C und Dominante in D sind vertreten, anders ausgedrückt unsere Stufen I, IVund V. Die V ist mit der 7 ausgestattet.
Weiter fällt auf, dass sich da ein B-chen in die Noten gemischt hat. Und zwar in seinem ersten Auftritt als kleine oder Mollterz zu G. Hm, müsste dann ja G-Moll sein, der Akkord. Ist der aber nicht! Dann singt der Typ unsauber, intoniert wie Hölle? Vielleicht, aber es klingt sehr sicher, was er tut. Ja, er macht es absichtlich: die große Terz wird zwar in der Harmonie (hier mit der Gitarre) gespielt, der Sänger aber singt die kleine Terz. Das ist traurig und spannend zugleich, eben blue.
Das ist die erste Bluenote, eine kleine Terz über dem Grundton.
Die zweite Bluenote, die wir kennen, ist die kleine Septime über dem Grundton, ein f in unserem Falle. Da die Melodie nur zwischen Grundton und Quinte wandert, haben wir die in diesem Blues nicht dabei. Oder doch? Ja, so gesehen hören wir ja mit dem b eine im zweiten Takt über C-Dur. Das b macht so gesehen aus dem C ein C7.
Also, es gibt zwei vom abendländischen System abweichende Töne, die aus der afroamerikanischen Traditon stammen: kleine Terz und kleine Septime. Wir nennen sie Blue Notes.
Es kommt später noch eine weitere dazu.
Mit C als Basis und den Grundtönen der IV. und V. Stufe sieht das so aus:
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Das ist der Stoff, aus dem das Stück von Howlin' Wolf besteht.
Fällt jemandem was auf an den Tönen?
PS.: Hier der komplette Blues des Wolfes
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