Hallo,
ich glaube der Quintenzirkel ist bis heute so ein Angstinstrument aus dem Musikunterricht.
Schon der erste Blick verwirrt, Kreuze, Bes, Zahlen und Buchstaben. Zum Glück gibt es mehr oder weniger sinnvolle Merksätze, an die wir uns klammern können.
Die Frage nach der Anzahl der Vorzeichen und dem Namen der Tonart erscheint fast wie aus dem Geschichtsunterricht: "Wann war die Schlacht von...? Wann fand die Krönung von Kaiser...?"
Worum geht es überhaupt?
Unsere kulturell prägende Tonleiter C D E F G A B(H) C,(! ich verwende B statt H) auf den ersten Blick nichts Besonderes zu erkennen. Aber die Abstände zwischen den Tönen sind nicht immer gleich groß, es gibt sogenannte Ganztonschritte (GT) und Halbtonschritte (HT), oder auch durch 1 und ½ gekennzeichnet.
Die Durtonleiter ist so aufgebaut:
C D E F G A B C
1 1 ½ 1 1 1 ½
Ich nenne diese Abfolge einen Code, weil alle Tonleitern mit dieser Abfolge Durtonleitern sind und was viel wichtiger ist, weil sie deshalb gleich klingen. Egal von welchem der 12 Töne eine Tonleiter mit diesem Code gebaut wird, sie sind nur durch die Tonhöhe zu unterscheiden, nicht aber in ihrem Klangcharakter.
Weil die Durtonleiter so wichtig ist wurde sie praktisch als „Standard“ definiert, deswegen ist das Klavier so wie es ist, mit der Durtonleiter auf den „Haupttasten“ und den 2 „fehlenden“ schwarzen Tasten.
Schön, jetzt kennen wir die C-Dur-Tonleiter. Jetzt das Ganze mit D, wie war das nochmal? Schnell ans Klavier und von D aus die weißen Tasten gespielt. Ähhh....klingt komisch, oder?
Klar, von D ausgehend bekommen wir D E F G A B C D mit dem Code:
1 ½ 1 1 1 ½ 1
Eben, das ist nicht der Code der Durtonleiter, der 2. und der 6. Schritt sind zu klein. Das heißt wir brauchen statt dem F ein F# und statt dem C ein C#, dann passt es. Daraus ergibt sich die D-Dur-Tonleiter: D E F# G A B C# D.
Ganz nebenbei haben wir durch unseren Fehler einen neuen Code gefunden, also eine anders klingende Tonleiter. Diese nennt sich Dorische Tonleiter und gehört zu den sogenannten Kirchentonleitern. Diese ergeben sich wenn wir die C-Durtonleiter jeweils von einem anderen Ton aus spielen. Sie heißen ionisch (entspricht C-Dur), dorisch, phrygisch, lydisch mixolydisch, äolisch und lokrisch.
In der Praxis sind die Unterschiede nur hörbar, wenn die Tonleitern als solche auf und ab gespielt werden, da ja die Tonabfolge, unser Code ausschlaggebend sind und wir immer dieselben 7 Töne benutzen.
Zurück zur D-Durtonleiter: Wir haben jetzt 2 # in der Tonleiter, bei C-Dur haben wir keine Vorzeichen. Bauen wir auf die noch verbleibenden 10 Töne unserer Chromatic auch noch die Durtonleitern auf, so erhalten wir Tonleitern mit verschiedenen Anzahlen von # oder b.
Diese sind schön übersichtlich sortiert nach Art und Anzahl der Vorzeichen im berühmt-berüchtigten Quintenzirkel dargestellt.
Quintenzirkel heißt es deshalb, weil der Abstand von einer Tonart zur nächsten im Uhrzeigersinn gelesen immer eine Quinte ist, also C-G, G-D, D-A usw. ist immer eine Quinte. Gegen den Uhrzeigersinn ist es immer eine Quarte.
Tatsächlich lassen sich noch viel mehr Zusammenhänge herauslesen.
Vielleicht hilft es ja ein wenig, die Sache von einer anderen Seite zu beleuchten.
Ich denke das Problem am Auswendiglernen wird durch die Fülle des Materials klar. Die Durtonleitern kombiniert mit den Kirchentonleitern ergeben 84 verschiedene Skalen, und da ist lange noch nicht Schluss. Deshalb finde ich es sinnvoller sich für jede Art von Tonleiter nur einen Code zu merken und sich vor allem den Klang einzuprägen. Alles andere lässt sich leicht herleiten.
Noch eine Alternative für die Durtonleitern: Statt 12 Tonleitern reicht es aus 12 sog. Tetrachords zu lernen. Das sind so etwas wie halbe Tonleitern mit dem Code 1 1 1/2, also
CDEF
GABC
DEF#G
ABC#D
EF#G#A
usw.
Dazwischen immer ein Ganzton, fertig.
Liebe Grüße
Chris